Politik

Anschlagsübung in Berlin Die Hauptstadt probt die Terrorlage

Spezialkräfte der GSG9 stürmen den Bahnhof.

Spezialkräfte der GSG9 stürmen den Bahnhof.

(Foto: dpa)

Mit einem Lkw rast Anis Amri Ende 2016 auf einem Berliner Weihnachtsmarkt in die Menschenmenge und flüchtet anschließend bis nach Italien. Damit dies nicht noch einmal passiert, probt die Bundespolizei auf einem Berliner Bahnhof den Ernstfall.

Die Schüsse sind erst nur aus der Ferne zu hören. Dann werden die Salven lauter, Explosionen wie Donnerschläge kommen dazu. Dichte Rauchschwaden breiten sich auf dem Bahnsteig aus, Leute schreien, rennen in alle Richtungen davon. Erst spät ist zu sehen, dass sich von der Unterführung her jemand nähert. Ein maskierter Angreifer eröffnet mit seiner Waffe das Feuer auf  jene, die sich nicht schnell genug hinter Mülleimern oder im Gleisbett versteckt haben. Er wirkt ruhig, lädt mehrfach nach, prüft, ob er seine Opfer auch wirklich erwischt hat.

150 Auszubildende der Bundespolizei spielten Verletzte und Tote.

150 Auszubildende der Bundespolizei spielten Verletzte und Tote.

(Foto: dpa)

Noch kein Jahr ist es her, dass der Terror Berlin erreichte - im Dezember 2016 kaperte Anis Amri einen Lkw und raste damit auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz. Am Montagabend ist es am S-Bahnhof Lichtenberg glücklicherweise nicht wieder so weit. Aber die Bundespolizei hat bei einer Anti-Terror-Übung ein denkbares Anschlagsszenario nachgestellt.

Unberechenbare Menschen

Normalerweise werde in den Inspektionen geübt, in Gebäuden, sagte Bundespolizeisprecher Jens Schobranski. Das groß angelegte Training auf einem abgesperrten Bahnsteig und in einem dort stehenden Zug biete die Möglichkeit auszutesten, wie gut die eigenen Konzeptionen seien. Es gehe zudem darum, die Beamten auf solche Situationen - die Unberechenbarkeit der Menschen in Panik etwa - vorzubreiten.

Angesichts der aktuellen Sicherheitslage sieht sich die Bundespolizei "mehr denn je gefordert", wie die Behörde betont. Im Kern gehe es darum, den "Kräfte-Dreiklang" zu erproben, sagt Übungsleiter Sven Jahn. Er meint das Zusammenspiel von normalen Kontroll- und Streifenbeamten mit Spezialkräften der Beweis- und Festnahmehundertschaft Plus, auch BFE+ genannt, sowie der GSG9. Während letztere bereits in den 70er Jahren gegründet wurde, um Menschen aus besonders gefährlichen Lagen wie Geiselnahmen zu retten, sind die Reihen der BFE+ noch nicht lange komplett. Es seien besonders geschulte Beamte, die unterstützend zur GSG9 eingesetzt würden, so Schobranski.

Gemeinsam und unter Bedingungen wie am S-Bahnhof Lichtenberg haben beide Spezialeinheiten bisher nicht geprobt. Als sie - nach gefühlt recht langer Zeit, in der die Attentäter ungehindert um sich schießen - am Anschlagsort eintreffen, zeigt sich die Aufgabenteilung: Während die GSG9-Kräfte in grünen Anzügen direkt auf einen Angreifer zugehen und ihn niederstrecken, versuchen ihre BFE+-Kollegen in blau-grauer Montur zunächst Unbeteiligte und Verletzte aus der Gefahrenzone zu bringen.

Azubis als Statisten

Dass die Spezialkräfte überhaupt binnen Minuten vor Ort sein können, ist der inszenierten Übungslage geschuldet - diese sieht vor, dass sie wegen eines Treffens von Innenministern ohnehin in Berlin bereitstehen. An normalen Tagen müssten sie erst angefordert werden.

Dreimal werden Anschlagsszenarien am Montag wiederholt, wie sich die Beamten geschlagen haben, wird intern ausgewertet. Insgesamt etwa 90 Einsatzkräfte und 150 Statisten machten mit - letztere sind Azubis der Bundespolizei mit aufwendig geschminkten Verletzungen. Als sie am Abend vom Bahnhof aufbrechen, wirken sie - zum Glück - wie ganz normale Jugendliche auf dem Weg zur Halloween-Party.

Quelle: ntv.de, Gisela Gross, dpa

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