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Trumps "Säuberung" des Militärs "Das würde die USA in eine Bananenrepublik verwandeln"

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Ist ein mögliches Ziel Trumps: Charles Brown, Vorsitzender Stabschef des US-Militärs.

Ist ein mögliches Ziel Trumps: Charles Brown, Vorsitzender Stabschef des US-Militärs.

(Foto: AP)

Der kommende US-Präsident Donald Trump und sein Team arbeiten hinter den Kulissen an einer Abschussliste für das Militär. Offiziere würden für etwas bestraft, was sie gar nicht zu verantworten haben, meint der Militärhistoriker Peter Mansoor im Interview: "Trump sollte sich fernhalten davon, das Militär zu politisieren." Der Republikaner hatte während des Wahlkampfs auch davon gesprochen, Generäle zu entlassen, die "woke" seien - sich also etwa gegen rassistische, sexistische oder soziale Diskriminierung einsetzten. Zudem wolle er solche Militärs schassen, die für den problembehafteten Abzug aus Afghanistan im Jahr 2021 verantwortlich seien.

Laut "Wall Street Journal" erwägt Trump, per Dekret ein vom Verteidigungsministerium unabhängiges Gremium aus Ex-Militärs darüber beraten zu lassen, wer aus der Führungsebene gehen muss. Sie würden dann innerhalb von 30 Tagen in den Ruhestand versetzt.

ntv.de: Trump und sein Team arbeiten Medienberichten zufolge an einem Dekret, das einen "Kriegerrat" einrichten soll, der Generäle überprüft und sie möglicherweise zum Rücktritt auffordert. Es geht unter anderem um diejenigen, die für den Abzug in Afghanistan verantwortlich waren. Das "Wall Street Journal" nannte das "Säuberung". Was denken Sie darüber?

Dr. Peter Mansoor ist Professor für Militärgeschichte an der staatlichen Universität von Ohio, und Oberst (Colonel) a.D. der US-Armee.

Dr. Peter Mansoor ist Professor für Militärgeschichte an der staatlichen Universität von Ohio, und Oberst (Colonel) a.D. der US-Armee.

(Foto: Privat)

Peter Mansoor: Das ist ein Weg, den wir nicht gehen wollen, weil er das Militär politisieren würde. Was Trump macht, ist ein politischer Lackmustest für seine Generäle. Diejenigen, die er nicht mag oder die ihn nicht unterstützen, werden gezwungen sein, in den Ruhestand zu gehen. Die Reihen werden mit Nachfolgern gefüllt, die ihm und nicht der Verfassung der Vereinigten Staaten verpflichtet sind. Das ist eine reale Gefahr für das zivil-militärische Verhältnis in den USA.

Gibt es einen ähnlichen Fall in der US-Geschichte?

Einer unserer angesehensten Offiziere in der Geschichte der US-Armee, General George C. Marshall, richtete zu Beginn des Zweiten Weltkriegs ein Gremium ein, um die Tauglichkeit von Generälen zu untersuchen. Aber der Zweck war damals ein vollkommen anderer. Erstens war das keine Initiative des Präsidenten. Es war eine Initiative des Stabschefs der US-Armee. Zweitens ging es um überalterte Generäle, deren körperliche Verfassung es ihnen nicht erlaubte, in den Kampf zu ziehen. Das Rentenalter der Armee lag bei 65 Jahren. Marshall wollte jüngeren, energischeren Kampfoffizieren den Weg ebnen. Offizieren, die er benötigte, um den Zweiten Weltkrieg zu führen.

Es gibt keinen Präzedenzfall?

Nein, den gibt es nicht. Während des Bürgerkriegs liefen 20 bis 30 Prozent der Offiziere zu den Südstaaten über, aber das war selbst auferlegt.

Das US-Militär ist also immer sehr unabhängig gewesen?

Das US-Militär ist stolz darauf, apolitisch zu sein. Es gibt eine Menge Offiziere, die deshalb nicht einmal wählen gehen. Sie folgen den Befehlen der von der Verfassung festgeschriebenen Befehlskette über ihnen, dem Verteidigungsminister und dem Präsidenten. Wenn diese Befehle die Durchsetzung von DEI beinhalten (Abkürzung für "Diversity, Equity and Inclusion", unter anderem geht es um Gleichstellung ethnischer Herkunft, Geschlecht, Gender und sexueller Orientierung in den Streitkräften, Anm. d. Red.), dann befolgen die Offiziere das. Sollte Trump Probleme mit denjenigen haben, die solche Initiativen unterstützt haben, sollten sie mit dem Finger auf Bidens oder Obamas Regierung zeigen, die diese Programme angeordnet haben. Und nicht auf Generäle, die einfach das tun, was ihnen befohlen wurde und was verfassungsgemäß ist.

Sie würden für etwas bestraft, das sie gar nicht zu verantworten haben?

In vielen Fällen, ja.

Wie viel Einfluss hat die Politik üblicherweise? Entscheidet das Militär selbst über seine Offiziere?

Peter Mansoor (links) war mit General David Petraeus im Irak im Einsatz.

Peter Mansoor (links) war mit General David Petraeus im Irak im Einsatz.

(Foto: Privat)

Das gilt nur bis zum Zwei-Sterne-General. Bei Drei- und Vier-Sterne-Generälen ist alles politisch. Sie müssen vom Verteidigungsminister und vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt werden. Ohne die Unterstützung politischer Anführer wird man kein Drei- oder Vier-Sterne-General.

Was halten Sie von der Nominierung Pete Hegseths als Verteidigungsminister?

Er hat ehrenhaft als Offizier in der US-Armee gedient, zwei Bronze Stars von Kampfeinsätzen im Irak und in Afghanistan. Dafür bewundere ich ihn. Aber in seinem Lebenslauf scheint es an Qualitäten zu mangeln, die für die Führung des Verteidigungsministeriums erforderlich sind. Ich gehe davon aus, dass der Senat eine sehr energische und umfassende Anhörung zu seiner Nominierung haben wird, um herauszufinden, welche Fähigkeiten er hat, um das Ministerium zu leiten. Es hat Hunderttausende von Mitarbeitern mehr, als er gewohnt ist.

Hegseth werden auch Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen nachgesagt.

Der Senat muss seine Arbeit machen und herausfinden, welche Verbindungen er hat, wie tief sie reichen und ob sie ein Problem wären, wenn er Verteidigungsminister wird.

Sie waren 26 Jahre lang im Militärdienst, am Ende als stellvertretender Kommandeur für den Aufmarsch der US-Truppen im Irak 2007 und 2008. Danach sind Sie in Ruhestand gegangen. Haben Sie Verbindungen zu Ihren früheren Kameraden? Was halten die von all dem?

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Einige meiner ehemaligen Offiziere, die zu meiner Zeit noch Unteroffiziere waren, halten Kontakt zu mir. Wir neigen allerdings dazu, nicht über Politik zu sprechen. Seit der Wahl haben wir auch nicht miteinander gesprochen. Sie warten auf ihre Befehle. Und dann werden wir sehen, was passiert.

Und was hoffen Sie, das passiert?

Ich hoffe darauf, vielleicht vergeblich, dass Trumps Team sich die Gegenwehr ansehen und diese wirklich schlechte Idee verwerfen wird. Wenn der Präsident schlechte Entscheidungen treffen will, dann hat er das verfassungsmäßige Recht, dies zu tun. Und das Militär wird diese Befehle befolgen. Aber er sollte sich davon fernhalten, das Militär zu politisieren und es mit seinen Anhängern zu besetzen.

Was spricht dagegen?

Das würde die Vereinigten Staaten in eine Bananenrepublik verwandeln. Wo sich das Militär in die Politik einmischt. Eines Tages wird es andersherum sein und die Demokraten sind an der Macht. Dann könnten sie das Gleiche tun.

Mit Peter Mansoor sprach Roland Peters

Quelle: ntv.de

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