Aidshilfe warnt vor Schwarzmarkt EU-Parlament stimmt für Sexkauf-Verbot
14.09.2023, 18:59 Uhr Artikel anhören
Kritiker warnen vor einer Verschlechterung für Sexarbeiter durch das nordische Modell.
(Foto: picture alliance/dpa)
Wer eine sexuelle Dienstleistung von einer Prostituierten in Anspruch nimmt, würde sich nach dem nordischen Modell strafbar machen. Dafür haben EU-Abgeordnete nun mehrheitlich abgestimmt. Nicht nur von Sex-Arbeitern gibt es jedoch heftigen Gegenwind.
Das Europaparlament hat sich für ein Sexkauf-Verbot nach dem sogenannten nordischen Modell ausgesprochen. In einer Entschließung forderten die Abgeordneten einheitliche Regeln für Prostitution in den EU-Staaten. Prostituierte sollen demnach besser geschützt werden und Zugang zu Ausstiegsprogrammen bekommen.
Die bislang unterschiedlichen Regelungen in den EU-Mitgliedstaaten begünstigten die organisierte Kriminalität und den Menschenhandel mit Prostituierten, heißt es in dem Parlamentsbericht. Die Kommission solle EU-weite Richtlinien entwickeln, die Betroffenen ihre Rechte garantieren sollen.
Rund 70 Prozent der Prostituierten in der EU sind dem Bericht zufolge Migrantinnen aus besonders prekären Verhältnissen. "Diese Menschen befinden sich nicht aus freiem Willen in der Prostitution, sondern aus purer Perspektiv- und Alternativlosigkeit", erklärte die zuständige Abgeordnete Maria Noichl von der SPD.
Nur der Käufer wird bestraft
Prostituierte würden marginalisiert und kriminalisiert, heißt es in dem Bericht. Sie hätten deshalb häufig keinen Zugang zum Gesundheits- und Sozialversicherungssystem und zum Rechtssystem. Die Abgeordneten riefen insbesondere Polen dazu auf, Prostituierten den Zugang zu Verhütungsmitteln und sicheren Abtreibungen zu ermöglichen.
Nach dem nordischen Modell werden nicht die Prostituierten bestraft, sondern die Käufer von Sexdiensten. Eine solche Regelung gilt aktuell unter anderem in Schweden. Dort gibt es dem Bericht zufolge seit Einführung der Gesetze deutlich weniger Prostitution.
Missbrauch, Gewalt, Infektionen
Das EU-Parlament stimmte mit 234 Stimmen für den Bericht, es gab 175 Gegenstimmen und 122 Enthaltungen. In Deutschland ist Prostitution seit 2002 vollständig legal. Die stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Dorothee Bär von der CSU, hatte am Montag ein Verbot nach schwedischem Vorbild gefordert.
Von Sex-Arbeitern gibt es jedoch starken Gegenwind. Ein Verbot, eine sexuelle Dienstleistung legal in Anspruch zu nehmen, könnte Kunden in den Schwarzmarkt treiben und Prostituierte ans Existenzminimum bringen. Durch weniger Kundschaft, würden Prostituierte dazu genötigt, auch für sie unangenehme Kunden anzunehmen, um sich über Wasser zu halten. Zudem würde Prostitution ohne legale Bordelle in einem unsicheren Umfeld stattfinden. So würde man Gewalt, Missbrauch und sexuellen Krankheiten Tür und Tor öffnen, warnt unter anderem die Deutsche Aidshilfe.
Quelle: ntv.de, can/AFP