283 Leichen auf Klinikgelände? EU fordert Untersuchung zu Berichten über Massengräber
24.04.2024, 14:50 Uhr Artikel anhören
Arbeiter tragen eine Leiche am Nasser-Krankenhaus in Chan Junis im südlichen Gazastreifen.
(Foto: dpa)
Was stimmt? Auf einem Klinikgelände im Süden des Gazastreifens werden laut einer Hamas-Behörde mehr als 280 Leichen gefunden. Nach israelischer Darstellung wurden sie von Palästinensern begraben. Nach den UN will auch die EU den Fall untersuchen lassen.
Nach Berichten über rund 280 Leichen in Massengräbern im Nasser-Krankenhaus im Süden des Gazastreifens hat die EU eine unabhängige Untersuchung gefordert. "Dies ist etwas, das uns zwingt, eine unabhängige Untersuchung aller Verdachtsmomente und aller Umstände zu fordern", sagte der Sprecher des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell, Peter Stano. Es sei der Eindruck entstanden, dass es zu "Verletzungen der internationalen Menschenrechte gekommen sein könnte".
Am Montag hatte die von der radikalislamischen Hamas kontrollierte Zivilschutzbehörde mitgeteilt, in den vergangenen drei Tagen rund 280 Leichen in Massengräbern in dem Krankenhaus entdeckt zu haben. Demnach wurden auf dem Klinikgelände insgesamt 283 Leichen gefunden.
Nach israelischer Darstellung sind die Leichen nicht von israelischen Soldaten, sondern von Palästinensern begraben worden. "Die Behauptung, israelische Streitkräfte hätten dort die Leichen von Palästinensern vergraben, entbehren jeder Grundlage", heißt es in einer Stellungnahme, die die israelische Botschaft in Genf am Dienstagabend verbreitete.
Israelische Soldaten hätten die Leichen in dem Grab lediglich auf der Suche nach israelischen Geiseln untersucht. "Die Untersuchung wurde sorgfältig und ausschließlich an Orten durchgeführt, an denen sich nach nachrichtendienstlichen Erkenntnissen möglicherweise Geiseln befanden", teilte die Botschaft mit. Die Würde der Verstorbenen sei gewahrt worden. Die Leichen von Palästinensern seien an denselben Ort zurückgelegt worden.
Auch die UN fordern unabhängige Untersuchungen
UN-Menschenrechtskommissar Volker Türk verlangte am Dienstag ebenfalls in einer Erklärung "unabhängige, effektive und transparente Untersuchungen", an denen angesichts des "vorherrschenden Klimas der Straflosigkeit" internationale Ermittler beteiligt sein sollten.
Die israelische Armee hat bei ihrem Militäreinsatz im Gazastreifen nach dem Hamas-Großangriff auf Israel vom 7. Oktober mehrere Einsätze auf dem Gelände von Krankenhäusern im Gazastreifen ausgeführt. Israel wirft der Hamas vor, die Krankenhäuser als Kommandozentralen und Waffenverstecke und die sich dort aufhaltenden Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu nutzen.
Die Hamas weist die Anschuldigungen zurück. In den Krankenhäusern im Süden des Palästinensergebiets haben seit Kriegsbeginn zahlreiche aus dem Norden vertriebene Zivilisten Zuflucht gesucht. Die Hamas hatte mit ihrem beispiellosen Angriff auf Israel am 7. Oktober den Krieg im Gazastreifen ausgelöst. Israel geht seither massiv militärisch im Gazastreifen vor.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa/AFP