Politik

Streit um Wahlausgang Erdogan wirft Opposition "Raub des nationalen Willens" vor

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Erdogan-Anhänger am Abend vor der AKP-Zentrale in Istanbul.

Erdogan-Anhänger am Abend vor der AKP-Zentrale in Istanbul.

(Foto: AP)

Noch vor dem Ende der Auszählung streiten Regierung und Opposition über das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen. "Die Fiktion, die mit 60 Prozent angefangen hat, ist mittlerweile auf unter 50 Prozent gesunken", erklärt Oppositionskandidat Kilicdaroglu. Präsident Erdogan kontert mit schweren Vorwürfen.

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan hat Äußerungen der Opposition während der laufenden Auszählung der Wählerstimmen als "Raub des nationalen Willens" bezeichnet. Der Oppositionskandidat und Erdogans stärkster Herausforderer, Kemal Kilicdaroglu, hatte zuvor erklärt, er liege vorn.

Zwischen Opposition und Regierung gibt es Streit um die Zahlen der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu. Ihr zufolge lag Erdogan nach Auszählung von 80 Prozent der Stimmen knapp über 50 Prozent, Kilicdaroglu bei rund 44 Prozent. Sollte kein Kandidat eine absolute Mehrheit erreichen, kommt es am 28. Mai zu einer Stichwahl.

Die Opposition zweifelt die Angaben von Anadolu an. "Die Fiktion, die mit 60 Prozent angefangen hat, ist mittlerweile auf unter 50 Prozent gesunken", schrieb Kilicdaroglu auf Twitter. Wie Erdogan rief er die Wahlbeobachter auf, die Auszählung bis zum Ende zu beaufsichtigen. "Wir werden heute Nacht nicht schlafen", so Kilicdaroglu, Chef der sozialdemokratisch-kemalistischen CHP und gemeinsamer Kandidat eines Sechser-Bündnisses.

Der ultranationalistische Kandidat Sinan Ogan lag laut Anadolu bei rund 5,3 Prozent. Muharrem Ince von der Vaterlandspartei hatte seine Kandidatur kurz vor der Wahl zurückgezogen, sein Name stand aber noch auf den Stimmzetteln. Er lag vorläufig bei 0,5 Prozent.

Opposition glaubt Anadolu-Zahlen nicht

Ekrem Imamoglu, Bürgermeister von Istanbul und Parteifreund Kilicdaroglus, warf der AKP taktische Manöver bei der Stimmauszählung vor. In Hochburgen der Opposition lege die Partei von Präsident Erdogan bewusst Einspruch gegen die Ergebnisse ein. Dadurch werde die Auszählung langsamer gemacht, und das Ergebnis falle zunächst zugunsten der Regierung aus. Imamoglu rief dazu auf, die offiziellen Zahlen zu ignorieren. "Wir glauben Anadolu nicht", sagte er.

*Datenschutz

*Datenschutz

Mehr zum Thema

Beobachtern zufolge war die Wahlbeteiligung trotz Wahlpflicht bemerkenswert hoch, die offizielle Zahl wurde jedoch zunächst nicht veröffentlicht. Bei der letzten landesweiten Wahl 2018 hatte der 69-jährige Erdogan mit 52,5 Prozent der Stimmen in der ersten Runde gewonnen, die Wahlbeteiligung lag bei über 86 Prozent.

Der Wahlkampf war angespannt und galt als unfair, vor allem wegen der medialen Übermacht der Regierung. Bestimmendes Thema war die schlechte wirtschaftliche Lage mit einer massiven Inflation. Erdogan versprach unter anderem eine Anhebung von Beamtengehältern und weitere Investitionen in die Rüstungsindustrie. Er führte eine aggressive Kampagne und beschimpfte die Opposition als "Terroristen". Erdogan regiert das Land mit seinen 85 Millionen Einwohnern seit zwei Jahrzehnten; seit 2003 zunächst als Ministerpräsident und seit 2014 als Präsident.

Quelle: ntv.de, hvo/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen