"Böses Erwachen mit Scholz" Erster SPD-Politiker sieht Pistorius als Kanzlerkandidaten
19.05.2024, 05:00 Uhr Artikel anhören
An der SPD-Basis in Sachsen schwärmt man von Pistorius und blickt kühl auf den amtierenden Bundeskanzler.
(Foto: picture alliance / photothek)
In Umfragen zur Beliebtheit liegt der Kanzler schon lange weit hinter dem Verteidigungsminister. Ein sächsischer SPD-Politiker fordert Konsequenzen: Die Partei habe nur mit einem Kanzlerkandidaten Pistorius Chancen auf den Wahlsieg. Scholz habe an der Basis schon zu viel Kredit verspielt.
Ab sofort erörtern auch die Sozialdemokraten öffentlich die K-Frage: Mit Nordsachsens SPD-Fraktionschef Heiko Wittig spricht sich erstmals ein SPD-Politiker offen für eine Kanzlerkandidatur von Verteidigungsminister Boris Pistorius aus. Eine erneute Kandidatur von Kanzler Olaf Scholz werde für die SPD bei der Bundestagswahl 2025 zu einem "bösen Erwachen" führen, sagte Wittig dem "Tagesspiegel".
"Sehr viele an der SPD-Basis sagen: Pistorius ist ganz klar unsere Nummer Eins. Wenn Pistorius als Kanzlerkandidat gegen Friedrich Merz antreten würde, wäre der 15-Prozentpunkte-Vorsprung der Union ganz schnell geschmolzen", sagte der Vorsitzende der SPD-Fraktion im Landkreis Nordsachsen (200.000 Einwohner) dem Blatt: "Mit einem Kanzlerkandidaten Pistorius sowie mit der längst überfälligen Umsetzung einiger guter Ideen wie etwa Bezahlkarten für Asylbewerber oder Überarbeitung des Bürgergeldes hat die SPD beste Chancen, die Bundestagswahl 2025 zu gewinnen."
Wittig diagnostizierte bei Kanzler Scholz einen Führungsmangel. "Es gibt einen Grund, warum Verteidigungsminister Boris Pistorius seit Monaten auf allen Beliebtheitslisten ganz oben und Olaf Scholz ganz weit unten steht", sagte Wittig der Zeitung: "Alle Menschen, mit denen ich rede, kritisieren: Scholz ist zu ruhig. Der Kanzler hat die Richtlinienkompetenz, aber Scholz nimmt sie nicht wahr. Er hat sich bis heute nicht einmal sichtbar durchgesetzt. Anders als früher Schmidt, Kohl, Schröder, selbst Angela Merkel."
"Basis gibt Pistorius in allen Punkten recht"
Scholz sei zwar "ein erfahrener Mann", aber eben auch ein spröder Hanseat, der mit seiner Art außerhalb Norddeutschlands kaum ankomme. Es sei gut, dass Scholz Deutschland aus dem Krieg heraushalte, sagte Wittig: "Aber er hätte das Heizungsgesetz am Tag Eins stoppen müssen. Nun streitet sich Scholz mit Pistorius über mehr Geld für die Bundeswehr. Unsere Leute hier geben Pistorius in allen Punkten recht. Deutschland muss wehrfähiger werden. Da muss der Kanzler einlenken. Wenn er das nicht tut, wird er noch unbeliebter."
Scholz sei "kein so schlechter Politiker, aber er kommt nicht rüber", sagte Wittig. Außerdem habe Scholz inzwischen "einfach zu viel Kredit verspielt", sagte er. "Die Leute sagen, dass ihnen die Streitereien der Ampel auf die Nerven gehen. Diese Koalition treibt ja auch jeden Tag eine neue Sau durchs Dorf. Erst das Heizungsgesetz, nun die Krankenhausreform, die niemand will."
Anders als Scholz spreche Verteidigungsminister Pistorius "eine klare Sprache, die jeder versteht. Die Menschen mögen, dass er durchaus hart auftritt", sagte Wittig: "Er macht klare Ansagen, er ist draußen, redet mit den Menschen, kümmert sich. Er hat klare Prinzipien, etwa bei der Reform der Bundeswehr. Es kommt auch bei den Leuten gut an, dass er neulich gesagt hat, er müsse das nicht machen. Pistorius hat noch nie an seinem Stuhl geklebt. Die Menschen sind begeistert von ihm."
Quelle: ntv.de, mau