Politik

"Langfristige Entlastungen" Esken will Schuldenbremse auch 2023 aussetzen

SPD-Chefin Esken geht auf Konfrontationskurs mit dem Finanzminister.

SPD-Chefin Esken geht auf Konfrontationskurs mit dem Finanzminister.

(Foto: picture alliance/dpa)

Wegen der Corona-Pandemie und dem Angriff auf die Ukraine wurde die Schuldenbremse zweimal ausgesetzt. Ab kommendem Jahr soll sie wieder gelten - eigentlich. SPD-Chefin Esken spricht sich dafür aus, sie weiter nicht anzuwenden. Die gegenwärtigen Krisen erforderten weitere Entlastungen.

SPD-Chefin Saskia Esken hat sich dafür ausgesprochen, die Vorgaben der Schuldenbremse auch im kommenden Jahr nicht anzuwenden. "Ich glaube, dass wir die Schuldenbremse erneut aussetzen müssen", sagte Esken im "Sommerinterview" des ZDF. Angesichts der gegenwärtigen Krisen müsse der Bund "langfristig Entlastungen organisieren", sagte sie. Die finanziellen Folgen dieser Krisen seien noch gar nicht absehbar.

Mit ihrer Forderung setzte sich Esken in Widerspruch zum Koalitionspartner FDP, der für das kommende Jahr die Rückkehr zur Schuldenbremse fordert - diese Rückkehr hatte die "Ampel" auch in ihrem Koalitionsvertrag festgehalten. Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner hatte kürzlich einen Haushaltsentwurf für das Jahr 2023 vorgelegt, der sich an den Regeln der Schuldenbremse orientiert. Esken sagte dazu, der Bundestag müsse nun in den anstehenden Haushaltsberatungen klären, ob dies wirklich machbar sei.

Auch die Grüne Jugend forderte die Aussetzung der Schuldenbremse im Jahr 2023, dazu einen Energiepreisdecke und ein dauerhaftes 9-Euro-Ticket. Die Vorsitzende Sarah-Lee Heinrich teilte nach einem Länderrat der Grünen-Nachwuchsorganisation mit: "Schon jetzt wissen viele Menschen nicht, wie sie am Ende des Monats noch über die Runden kommen sollen, dabei werden die Preise im Herbst und Winter in noch astronomischere Höhen steigen." Deswegen müsse die Bundesregierung jetzt handeln und die Menschen absichern. Die Aussetzung der Schuldenbremse 2023 bezeichnete sie als "alternativlos".

Die im Grundgesetz festgeschriebene Schuldenbremse besagt, dass sich der Bund im Normalfall maximal in Höhe von 0,35 Prozent des Bruttoinlandsprodukts verschulden darf. Außerdem sind "bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung" Abweichungen in begrenztem Umfang erlaubt. Für die Jahre 2020 bis 2022 sah der Bundestag jeweils eine solche Notlage und beschloss die Ausnahme von der Schuldenbremse - zweimal stand dabei die Corona-Pandemie im Mittelpunkt, dieses Jahr zusätzlich der Ukraine-Krieg.

Ablehnung von Steuersenkungen

Esken wies in dem Interview noch ein weiteres Anliegen der FDP zurück: die Forderung nach Steuersenkungen. Diese seien "keine Methode, die Bevölkerung breit zu entlasten", sagte die SPD-Chefin. "Da müssen wir andere Wege finden." Von Steuersenkungen würden vor allem Gutverdienende profitieren, die viel Steuern zahlen. "Wenig dienen sie den mittleren Einkommen, gar nicht dienen sie den niedrigen Einkommen."

Zur aktuellen Lage angesichts von Inflation und Energiekrise sagte Esken: "Es gibt Anlass zur Sorge." Vor allem die Bezieherinnen und Bezieher von mittleren und niedrigen Einkommen benötigten weitere Unterstützung. Sie sprach sich dafür aus, Kündigungen durch Energieversorger von Kunden auszusetzen, die ihre Energierechnung nicht bezahlen könnten - ein solches Moratorium halte sie für "dringend notwendig". Zur Finanzierung von Entlastungen werde "sicherlich ein Beitrag der sehr hohen Einkommen" nötig sein, fügte sie hinzu.

Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke von den Grünen hatte für den Fall einer weiteren Zuspitzung der Energiekrise angeregt, Bürgerinnen und Bürger vor Strom- und Gassperren bei Zahlungsverzug zu bewahren. "Es kann passieren, dass die Bundesnetzagentur im absoluten Krisenfall Energieunternehmen erlaubt, gestiegene Preise trotz Preisgarantie an die Verbraucher weiterzugeben", sagte die Verbraucherschutzministerin. In einer solchen Krisensituation dürfe niemandem der Strom oder das Gas abgestellt werden, weil er mit einer Rechnung in Verzug sei.

Quelle: ntv.de, mli/AFP/dpa

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