Fall Böhmermann geht weiterEx-BSI-Chef Arne Schönbohm klagt gegen Innenministerium
Liv von Boetticher
Eine Sendung von Jan Böhmermann aus dem Jahr 2022 beschäftigt die Gerichte bis heute. Der Satiriker suggerierte darin, der damalige BSI-Chef Arne Schönbohm habe Verbindungen zum russischen Geheimdienst - unwahr, wie ein Münchner Gericht bereits urteilte. Jetzt klagt Schönbohm gegen seine Entlassung.
Deutschlands ehemals oberster Cyberabwehrchef Arne Schönbohm klagt wegen seiner Abberufung am Kölner Verwaltungsgericht gegen das Bundesinnenministerium. Er fordert die eher symbolische Summe von 5000 Euro Schadenersatz. Seit heute wird der Fall vor dem Verwaltungsgericht Köln verhandelt. Damit geht der Streit zwischen dem ehemaligen Chef des Bundesamts für Sicherheit und Informationstechnik (BSI) und dem Bundesinnenministerium in eine weitere Runde.
Der Fall geht zurück auf eine Sendung des TV-Moderators Jan Böhmermann vom 7. Oktober 2022. Böhmermann suggerierte darin, Schönbohm habe Verbindungen zum russischen Geheimdienst. Dies stelle "eine unwahre Tatsachenbehauptung dar, die den Kläger in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht" verletze, urteilte das Landgericht München bereits im vergangenen Jahr. Anderthalb Wochen nach Ausstrahlung der Böhmermann-Sendung hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser Schönbohm entlassen.
Schönbohms Forderung auf 100.000 Euro Schadenersatz wies das Landgericht München zwar ab. Aber das Gericht untersagte dem ZDF die Verbreitung und Behauptung von vier konkreten Äußerungen in Bezug auf die angeblichen Russland-Kontakte Schönbohms und sah darin unwahre Tatsachenbehauptungen.
"Faeser gefährdet die Sicherheit Deutschlands"
Auch das Bundesinnenministerium kam bereits im Mai 2023 zu der Erkenntnis, dass sich die Vorwürfe nicht erhärtet hatten - seinen alten Job bekam Schönbohm trotzdem nicht zurück, eine öffentliche Entschuldigung der Bundesinnenministerin gab es auch nicht. Aus Sicht des Vorsitzenden der Bundespolizeigewerkschaft, Heiko Teggatz, sendet der gesamte Vorgang ein fatales Signal in die Welt: "Nancy Faeser hat mit dieser Entscheidung massiv die Sicherheit von Deutschland gefährdet, weil sie sich schlichtweg auf Behauptungen des ZDF verlassen hat. Offenbar sind ihr Zurufe und Parolen als Entscheidungsgrundlage wichtiger, als valide und gut recherchierte Geheimdienstinformationen."
Für ausländische Nachrichtendienste sei die Botschaft klar: "In Deutschland brauchst du dir ja nur etwas auszudenken oder zu behaupten, etwas gehört zu haben und schon springt die ministerielle Ebene an und es werden Oberbehördenleiter entlassen. Das sendet natürlich einen fatalen Eindruck in die Welt. Ich wäre künftig vorsichtig mit der Informationsweitergabe an Personen, die mir gegenüber nicht das absolute Vertrauen genießen."
Der Fall Schönbohm ist jedoch auch auf einer weiteren Ebene ein enormes Problem für die Innenministerin. "Mit dieser Art Umgang mit den Mitarbeitern sendet Frau Faeser ein Signal in ihren gesamten Geschäftsbereich, darunter natürlich auch die Polizei, hinein. Bei den Kolleginnen und Kollegen löst das großes Misstrauen aus", sagte Teggatz ntv.de. Die Art und Weise, wie Schönbohm trotz fehlender Grundlage geschasst worden sei, würde von vielen Beamtinnen und Beamten als Einschüchterung empfunden werden. "Nach dem Motto 'Leute, wenn ihr nicht nach meiner Pfeife tanzt, ist eure Karriere beendet.' Das ist ein fatales Signal, das sie da in die gesamte Organisation gibt. Von vertrauensvoller Zusammenarbeit kann man da nicht mehr sprechen."
Schönbohm sei kein politischer Beamter, sondern ein sogenannter Laufbahnbeamter, betonte Teggatz. "Schönbohm hat seine Treue auf die Verfassung gegeben, nicht auf die Bundesregierung, wie es ein politischer Beamte täte. Was Frau Faeser aber ganz offensichtlich möchte, ist, alle Beamten zu politischen Beamten zu machen, damit die Beamten - und zwar alle - nicht verfassungstreu handeln, also nach dem Grundgesetz, sondern regierungstreu. Und das ist der Riesenskandal."
Sollte Schönbohm nun auch vor dem Kölner Verwaltungsgericht recht bekommen, wäre der Polit-Skandal in der Tat perfekt. In jedem Fall kommt das Ganze vor der Bundestagswahl für Innenministerin Faeser zu einem äußerst ungünstigen Zeitpunkt.