Politik

Schon lange nicht realistisch?Experte: Kiews Nato-Verzicht ändert "überhaupt nichts"

15.12.2025, 09:56 Uhr
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Seit Jahren strebt die Ukraine vergebens in die Nato. Eine Mitgliedschaft hätte aller Wahrscheinlichkeit nach den russischen Überfall verhindert. (Foto: picture alliance / photothek.de)

Der Wind, der ihm entgegenbläst, ist offenbar zu heftig: Präsident Selenskyj beerdigt offiziell die ukrainischen Nato-Ambitionen. Experten betrachten dies nüchtern.

Der von der Ukraine angebotene Verzicht auf einen Nato-Beitritt dürfte den Verlauf der Friedensgespräche nach Einschätzung von US-Sicherheitsexperten nicht wesentlich verändern. Präsident Wolodymyr Selenskyj hatte am Sonntag angesichts der Gespräche mit US-Vertretern über ein mögliches Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland angeboten, das Ziel einer Nato-Mitgliedschaft seines Landes aufzugeben. Selenskyj hatte erklärt, Sicherheitsgarantien der USA, Europas und anderer Staaten anstelle einer Nato-Mitgliedschaft seien ein Kompromiss vonseiten der Ukraine.

"Das ändert an der Sache überhaupt nichts", sagte Justin Logan, Direktor für Verteidigungs- und Außenpolitikstudien am Cato Institute. "Es ist ein Versuch, vernünftig zu erscheinen." Eine Nato-Mitgliedschaft der Ukraine sei schon lange nicht mehr realistisch gewesen, erklärten Logan und Andrew Michta, Professor für strategische Studien an der University of Florida. Michta sagte, ein Nato-Beitritt der Ukraine sei derzeit ohnehin kein Thema.

Partnerstaaten der Ukraine hätten andere Möglichkeiten, deren Sicherheit zu gewährleisten, sagte Logan. US-Präsident Donald Trump könnte als Reaktion auf Selenskyjs Angebot dasselbe zusagen, was die USA bereits zur Unterstützung der Ukraine getan haben, wie die Lieferung von Waffen und die Verhängung von Sanktionen gegen Russland.

Brett Bruen, Leiter der Beratungsfirma Global Situation Room und ehemals außenpolitischer Berater in der Regierung von Präsident Barack Obama, vertrat eine andere Einschätzung. Bruen bezeichnete Selenskyjs Zugeständnis als substanziell. "Es ist eine Möglichkeit für Selenskyj, die Bereitschaft der Ukraine zu bedeutenden Zugeständnissen für den Frieden in einen Kontrast damit zu stellen, dass Moskau nennenswerte Zugeständnisse verweigert", sagte Bruen. "Die Frage ist, was Selenskyj als Gegenleistung dafür erhalten hat, dass er von einem felsenfesten Versprechen an das ukrainische Volk abrückt."

Bruen äußerte die Vermutung, Trump habe Selenskyj möglicherweise versprochen, den ukrainischen Luftraum zu schützen. Zudem könnten die USA ihre Militärhilfe aufstocken, falls Russland eine erneute großangelegte Militäroffensive starten sollte, sagte er. "Die Ukraine braucht eine Absicherung für das, was Trump verspricht, und sie braucht mehr als nur ein Wort", sagte er. "Sie braucht Taten, ein Element, das sicherstellt, dass Trump sich im Zweifelsfall nicht einfach herauswinden kann."

Quelle: ntv.de, Jessica DiNapoli, rts

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