Minister erhält Schmerzensgeld Facebook-Nutzer darf Cem Özdemir nicht "Drecksack" nennen
09.07.2024, 16:35 Uhr Artikel anhören
Der Kommentar des Facebook-Nutzers sei ehrenrührig und verletze Cem Özdemir in seinem Persönlichkeitsrecht.
(Foto: picture alliance/dpa)
Auch Machtkritik rechtfertigt keine "ins Persönliche gehende Beschimpfung von Amtsträgern oder Politikern" - diese Erkenntnis macht ein Facebook-Nutzer vor dem Landgericht Koblenz. Es verurteilt ihn wegen Beleidigung von Landwirtschaftsminister Özdemir zur Zahlung von Schmerzensgeld.
Erboste Kritiker dürfen Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir nicht als "Drecksack" bezeichnen. Dies ist ehrenrührig und nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt, wie das Landgericht Koblenz entschieden hat. Es bestätigt damit das vorhergehende Urteil des zuständigen Amtsgerichts und lehnte zusätzlich die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen Facebook-Nutzer ab.
Der Facebook-Nutzer hatte im April 2022 ein Video, das Özdemir ins Internet eingestellt hatte, in seinem Facebook-Profil aufgegriffen und mit dem Kommentar "Drecksack" versehen. Als der Minister klagte, verurteilte das zuständige Amtsgericht den Mann zur Unterlassung und zur Zahlung eines Schmerzensgelds in Höhe von 600 Euro. Zudem muss er vorgerichtliche Abmahnkosten in Höhe von 800 Euro bezahlen. Vor dem Landgericht wollte der Mann die Abweisung der Klage erreichen und beantragte hierfür Prozesskostenhilfe. Sein Facebook-Post sei zwar eine unsachliche, aber zulässige Meinungsäußerung, behauptete er.
Das Landgericht Koblenz lehnte die Bewilligung von Prozesskostenhilfe ab. Das Rechtsmittel habe "keine Aussicht auf Erfolg". Zwar handle es sich um eine Meinungsäußerung. Diese sei aber ehrenrührig und verletze Özdemir in seinem Persönlichkeitsrecht. Dies überwiege gegenüber der Meinungsfreiheit des Facebook-Nutzers.
Machtkritik schützt vor Strafe nicht
In der Urteilsbegründung erklärte das Landgericht, das Schimpfwort "Drecksack" habe keinerlei Bezug zum Thema des Özdemir-Videos. In dem sozialen Netzwerk entfalte der Kommentar zudem eine erhebliche Breitenwirkung.
Weiter erklärten die Richter, dass auch Machtkritik "nicht jede auch ins Persönliche gehende Beschimpfung von Amtsträgern oder Politikern" erlaube. Verächtlichmachung oder Hetze sei auch gegenüber Amtsträgern und anderen Personen des öffentlichen Lebens unzulässig. Nach dem Beschluss zur Prozesskostenhilfe nahm der Facebook-Nutzer seine Rechtsmittel zurück. Er erkennt die Entscheidung des Amtsgerichts an.
Quelle: ntv.de, chr/AFP