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Hass im Netz trifft Minderheiten Jeder Vierte wird mit Gewalt im Internet konfrontiert

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Frauen werden besonders oft Opfer von Hetze im Internet.

Frauen werden besonders oft Opfer von Hetze im Internet.

(Foto: picture alliance/dpa)

Das Internet ist kein rechtsfreier Raum, betonen Politiker gebetsmühlenartig. Die Realität wird anders empfunden. Laut einer Befragung glauben fast 90 Prozent, dass Hass im Netz zunimmt. Besonders oft trifft es Migranten, Frauen und homo- und bisexuelle Menschen. Nicht selten ist Gewalt im Spiel.

Hass im Internet nimmt weiter zu: Fast jede und jeder Zweite in Deutschland wurde schon einmal online beleidigt. Zu diesem Ergebnis kommt die Studie "Lauter Hass - leiser Rückzug" des Kompetenznetzwerks gegen Hass im Netz. Für die repräsentative Erhebung wurden 3000 Internetnutzende ab 16 Jahren befragt. 49 Prozent davon wurden schon einmal im Internet beleidigt, 25 Prozent mit körperlicher und 13 Prozent mit sexualisierter Gewalt konfrontiert.

Die Zahlen zeigten ein klares Bild, sagte Familienministerin Lisa Paus bei der Vorstellung der Studie, deren Herausgeber von ihrem Ressort gefördert wird. "Hass im Netz ist leider allgegenwärtig und nimmt auch immer weiter zu."

Dies sehen auch die Befragten so: 89 Prozent und damit der Großteil findet, dass Hass im Netz in den letzten Jahren zugenommen hat. Besonders häufig betroffen davon sind der Erhebung zufolge mit jeweils 30 Prozent Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund und junge Frauen mit 28 beziehungsweise 36 Prozent sowie Menschen mit homo- und bisexueller Orientierung. Fast jede zweite junge Frau - 42 Prozent - erhielt zudem bereits ungefragt ein Nacktfoto.

Das hat laut Studie auch Einfluss auf die freie Meinungsäußerung im Netz. Mit 57 Prozent bekennt sich mehr als die Hälfte der Befragten aus Angst im Netz seltener zur eigenen politischen Meinung. 55 Prozent beteiligen sich seltener an Diskussionen, fast ebenso viele formulieren Beiträge bewusst vorsichtiger. 82 Prozent der Befragten fürchten zudem, dass Hass im Netz die Vielfalt im Internet gefährdet. Mehr als drei Viertel sind besorgt, dass durch den Online-Hass auch die Gewalt im Alltag zunimmt.

Paus: Debattenkultur im Netz leidet

Paus bezeichnete den Hass im Netz angesichts der Studienergebnisse als "Bedrohung für die Demokratie insgesamt". Wenn weniger Menschen online ihre Meinung äußerten, unterlaufe das die Debattenkultur und schade der Demokratie. Aus digitalem Hass könne zudem analoge Gewalt werden. Die Ministerin betonte: "Wir müssen mehr tun, um Hass im Netz frühzeitig zu begegnen." Sie kündigte deshalb an, Gesetze überprüfen und gegebenenfalls nachjustieren zu wollen.

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Im Kampf gegen Rechtsextremismus ist aus Sicht der Berliner Bundestagsabgeordneten Renate Künast ein entschiedenes Vorgehen gegen Hass in im Internet wichtig. "Die Zukunft wird im Netz entschieden, da müssen wir gesellschaftlich und politisch tätig werden, sagte Künast im RBB-Inforadio. Das Netz sei mittlerweile dominant. "Da kann man schnell mit falschen oder richtigen Fakten und darauf aufgelegten Hasskampagnen Emotionen, Stimmungen erzeugen", so die Grünen-Politikerin. Dies nutzten auch Rechtsextreme oder Staaten, die die Demokratie zerstören oder Stimmung machen wollten. "Das alles bringt Menschen zu Überzeugungen, die nicht faktenbasiert sind", so Künast.

Für einen "intensiven Dialog zwischen Staat, Zivilgesellschaft und den Plattformen", sprach sich Innenministerin Nancy Faeser aus. Das EU-Gesetz für digitale Dienste (Digital Services Act - DSA) biete dazu neue Instrumente, die jetzt konsequent durchgesetzt werden müssten. "Wir setzen auf Prävention, auf die konsequente Löschung von Hetze und auf die strafrechtliche Verfolgung der Täter."

Die Studie wurde vom Kompetenznetzwerk gegen Hass im Netz herausgegeben, zu welchen sich fünf Organisationen wie HateAid und die Neuen deutschen Medienmacher*innen zusammengeschlossen haben. Für die Erhebung war die Agentur Pollytix verantwortlich.

Quelle: ntv.de, als/dpa/AFP

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