Merkel will das Reisen verbieten Fangt endlich mit dem Testen an!
26.01.2021, 15:12 Uhr
Es gibt ein Testzentrum auf dem Berliner Flughafen. Die Erfahrung lehrt jedoch: Ob Reisende dort einen Test machen lassen, ist ihnen überlassen.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
"Uns ist das Ding entglitten", soll Bundeskanzlerin Angela Merkel in einer internen Sitzung am Sonntag über die Corona-Pandemie gesagt haben. Man müsse "den Flugverkehr so ausdünnen, dass man nirgendwo mehr hinkommt". Vielleicht sollten die deutschen Behörden erst einmal anfangen, an Flughäfen zu kontrollieren. Ein Erfahrungsbericht.
Als Auslandsreporterin bin ich viel unterwegs - auch in Zeiten von Corona. Sicher, das Reisen ist eingeschränkt, es ist mühsam, es gibt Quarantäne-Regelungen und ich habe weit mehr als ein Dutzend Tests gemacht. Aber Reisen gehört zu meinem Job.
Als Corona schon im chinesischen Wuhan tobte, war ich in Haiti. Damals wussten wir in Deutschland noch nicht, dass das Virus auch bald bei uns das gesamte Leben verändern würde. Anfang März flog ich nach Libyen. Dort tobte der Bürgerkrieg. Der Flughafen von Tripolis wurde beschossen, die Maschine drehte ihre Runden in der Luft, um schließlich in einer Feuerpause zu landen. Wir eilten aus dem Flugzeug, standen in der Ankunftshalle vor einer Wärmebildkamera. Mediziner kontrollierten die Temperatur. Ich war völlig baff. Hatten die Libyer mehr Angst vor einem Virus als vor Raketen? Zurück in Deutschland am 8. März gab es keinerlei Kontrollen am Flughafen Berlin Tegel.
In den folgenden Wochen wurden in Deutschland Geschäfte, Restaurants und Schulen geschlossen. Die Grenzen zu unseren Nachbarländern wurden zeitweise abgeriegelt - wohl gemerkt: die Landgrenzen.
Mein Kameramann und ich flogen am 1. Juni nach Griechenland. Wir hatten uns zuvor testen lassen und mussten ein Online-Formular ausfüllen. Ohne den QR-Code darauf wären wir nicht ins Land gekommen. In Athen wurden wir von Sicherheitskräften zum Corona-Test gebracht, dann in einen Bus verfrachtet und in ein Hotel gefahren. Bis das negative Testergebnis kam, mussten wir im Zimmer bleiben. Erst nach 20 Stunden durften wir uns frei bewegen. Später auf der Fähre wurde unsere Temperatur gemessen. Bei der Rückreise ging es über Frankfurt nach Berlin. Kein Mensch fragte dort nach einem Corona-Test, geschweige denn, dass es eine Temperaturkontrolle gab.
Zwei Wochen später standen in Deutschland die Schlachthäuser mit den Masseninfektionen im Fokus. Wir flogen nach Rumänien zu Metzgern, die vor der Quarantäne in ihre Heimat geflohen waren. Bei der Einreise mussten wir einen negativen PCR-Test vorlegen. Zurück in Deutschland gab es weder eine Befragung noch eine Temperaturmessung. Auch ein negativer Test war nicht erforderlich für die Einreise. Natürlich haben mein Kameramann und ich uns trotzdem testen lassen.
Im September ging es nach Griechenland, auf Lesbos war das Flüchtlingslager Moria abgebrannt. Wieder mussten wir einen negativen Test vorweisen, wieder ein elektronisches Einreiseformular ausfüllen, wieder einen QR-Code für die Einreise vorzeigen. Wir hatten engen Kontakt mit den Flüchtlingen, wenn auch stets mit Maske. Bei der Zwischenlandung in München wollte niemand von mir einen Test sehen, es gab keine Fragen. Auch nicht in Berlin. Als ich am Flughafen Tegel zum Testzentrum ging, wurde der Test abgelehnt. Griechenland galt damals nicht als Risikogebiet. Den Test machte ich dann bei meinem HNO-Arzt.
Im Oktober flogen wir in die Ukraine. Wieder hatten wir ein negatives Testergebnis im Gepäck, in Kiew war das aber nicht von Relevanz: Deutschland galt dort nicht als Risikogebiet. Die Ukraine für Deutschland allerdings schon. Also ließen wir uns noch vor dem Rückflug in Kiew testen, da wir befürchteten, sonst nicht in Deutschland einreisen zu dürfen. Der Test war negativ - aber niemand wollte ihn sehen, weder beim Umsteigen in München, im angeblich so strengen Bayern, noch in Berlin. In der Ukraine explodierten da gerade die Corona-Infektionszahlen.
In Brandenburg hätte ich zu diesem Zeitpunkt nicht einmal in ein Hotel einchecken können ohne negativen Test. Nach Deutschland einreisen, das ging problemlos.
Mittlerweile befindet sich Deutschland in einem harten Lockdown, die Schulen sind zu, Geschäfte und Restaurants ebenso. Die Angst vor dem mutierten Virus ist groß. Es wird über Ausgangssperren und 15-Kilometer-Grenzen debattiert. Gerade komme ich aus der Schweiz, einem Risikogebiet. Die Corona-Infektionszahlen steigen dort, aber die Skipisten sind offen - darum wird es in meinem Bericht gehen. Nach der Landung zücken mein Kameramann und ich unsere Handys, um den Zollbeamten unsere elektronischen Einreiseerklärungen zu zeigen. Doch niemand will sie sehen. Das Testzentrum befindet sich gegenüber vom Ausgang des Flughafens. Wir gehören zu den wenigen, die dort einen Test machen lassen.
Quelle: ntv.de