Politik

Iraker festgenommen Flüchtlinge durchbrechen Grenze nach Polen

Auf belarussischer Seit laden Flüchtlinge ihre Mobiltelefone auf.

Auf belarussischer Seit laden Flüchtlinge ihre Mobiltelefone auf.

(Foto: AP)

Tag für Tag spitzt sich die Situation an der polnisch-belarussischen Grenze mehr zu. In der Nacht attackieren Flüchtlinge die Grenzanlagen. Polen verschickt inzwischen SMS, um Gerüchte zu unterbinden. Auch eine Beteiligung der NATO wird nicht mehr ausgeschlossen.

Eine Gruppe von etwa 50 Migranten hat nach Angaben der polnischen Polizei die Barriere an der Grenze zu Belarus durchbrochen und ist nach Polen gelangt. Der Vorfall habe sich am Samstagabend in der Nähe des Dorfs Dubicze Cerkiewne ereignet, sagte ein Polizeisprecher. Die Beamten hatten zunächst 22 Iraker festgenommen. Alle weiteren Migranten seien kurz darauf von Grenzschützern und Soldaten festgesetzt worden, sagte eine Sprecherin des Grenzschutzes. Die gesamte Gruppe sei zur Grenze nach Belarus zurückgebracht worden.

Nach Angaben der Polizei versuchte eine weitere größere Gruppe auch unweit des Dorfs Kolonia Klukowicze, über die Grenze zu gelangen - jedoch vergeblich. Die Flüchtlinge bewarfen die Beamten demnach mit Steinen, ein Beamter wurde leicht verletzt. Die Polizei nahm zudem in der Grenzregion vier mutmaßliche Schleuser fest, die mit Flüchtlingen unterwegs waren. Dabei handelt es sich den Angaben zufolge um zwei Georgier, einen Polen und einen Syrer.

"Lüge und Unfug"

Insgesamt habe es am Samstag 223 Versuche gegeben, die Grenze illegal zu überqueren, gab der polnische Grenzschutz bekannt. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, da Polen in der Grenzregion den Ausnahmezustand verhängt hat. Journalisten und Helfer dürfen nicht hinein. Das gilt auch für das Grenzgebiet auf belarussischer Seite.

Polen warnt Migranten an der Grenze zu Belarus per SMS, Gerüchten über einen angeblich bevorstehenden Transit nach Deutschland nicht zu glauben. Unter Migranten kursiere die Nachricht, dass am 15. November Busse aus Deutschland die Flüchtlinge abholen würden und Polen sein Einverständnis zur Durchfahrt gegeben habe, heißt es in der Kurznachricht. "Das ist eine Lüge und Unfug! Polen wird seine Grenze zu Belarus weiterhin schützen." Die SMS auf Englisch würden alle erhalten, deren Handys sich im Grenzgebiet in Reichweite des polnischen Mobilfunks befänden, schrieb Innenminister Mariusz Kaminski auf Twitter.

Die Kurznachricht enthalte einen Link auf die Webseite seines Ministeriums, wo sich diese Botschaft in fünf Sprachen finde. Am Dienstag waren deutsche Aktivisten in Polen mit dem Versuch gescheitert, Migranten aus der Grenzaktion nach Deutschland zu bringen. Der Bus der Initiativen Seebrücke Deutschland und LeaveNoOneBehind wurde wenige Kilometer vor dem Grenzübergang Kuznica von der polnischen Polizei gestoppt.

Polen erwägt NATO-Beteiligung

Polen erwägt zudem wegen des Drucks auf seine Grenzen durch die Migranten die NATO zur Hilfe zu rufen. Das Militärbündnis müsse konkrete Schritte einleiten, um die Krise an der Grenze zu Belarus zu beenden, sagte Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki der Nachrichtenagentur PAP. "Wir beraten mit Lettland, insbesondere mit Litauen, ob wir uns auf Artikel 4 des NATO-Vertrages berufen sollen."

Nach diesem Artikel können Beratungen der NATO verlangt werden, wenn ein Mitglied erklärt, sein Territorium oder die Unabhängigkeit sei bedroht. Nicht zu verwechseln ist der Artikel 4 mit Artikel 5. Letzterer regelt, dass ein Angriff gegen einen NATO-Staat als ein Angriff gegen alle angesehen wird. Er sieht zudem vor, dass sich die NATO-Staaten gegenseitig Beistand leisten.

Putin bietet "Hilfe" an

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Unterdessen bot Russlands Präsident Wladimir Putin unmittelbar vor dem Beschluss neuer EU-Sanktionen gegen Belarus seine Vermittlung in der Migrationskrise an. "Wir sind bereit, mit allen Mitteln zu helfen, wenn es an uns liegen sollte", sagte er in einem TV-Interview nach Bericht der Nachrichtenagentur RIA. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell bekräftigte in der französischen Zeitung "Le Journal du Dimanche", die EU-Außenminister würden diesen Montag Sanktionen gegen Belarus beschließen. Damit werde die Grundlage dafür gelegt, dass jeder Beteiligte an dem Menschenschmuggel mit Strafmaßnahmen belegt werden könne.

Tausende von Migranten aus Krisengebieten in Nahost und Afrika sind nach Belarus gereist, um von dort in die EU zu gelangen. Sie sitzen nun an der Grenze zu Polen und Litauen fest bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Die EU wirft der von Russland unterstützten belarussischen Regierung vor, die Krise zu orchestrieren, um Druck auf die Staatengemeinschaft wegen der bereits beschlossenen Sanktionen gegen das Land auszuüben. Dieses weist die Anschuldigungen zurück. Mehrere Staaten in der Region warnen davor, dass der Streit in einen militärischen Konflikt ausarten könnte.

Quelle: ntv.de, sba/dpa/rts

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