"Finanzielle Situation stabil" GKV-Prognose: Krankenkassen-Zusatzbeitrag könnte steigen
15.10.2025, 22:01 Uhr Artikel anhören
Die Finanzprobleme der GKV sind vor allem darauf zurückzuführen, dass ihre Ausgaben viel schneller steigen als ihre Einnahmen.
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Erst zum Jahresbeginn ist der Zusatzbeitrag bei den meisten Krankenkassen gestiegen. Jetzt sagen Experten, bald könnte es schon wieder so weit sein. Zwar beschließt das Kabinett ein "Sparpaket", doch der "Notnagel" löst grundlegende Probleme nicht, so der GKV-Schätzerkreis.
Die gesetzlichen Krankenkassen erwarten für das kommende Jahr eine Stabilisierung des Zusatzbeitrags, wollen weitere Steigerungen aber nicht ausschließen. Laut der Prognose des Schätzerkreises der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) soll der durchschnittliche Zusatzbeitrag 2026 auf dem aktuellen Niveau von rund 2,9 Prozent bleiben. Grund für eine Entwarnung sah der GKV-Spitzenverband aber nicht: Im kommenden Jahr könne es sogar weitere Beitragserhöhungen geben, warnte Oliver Blatt, Vorstandsvorsitzender des GKV-Spitzenverbandes.
"Denn viele Kassen müssen ihre gesetzlich vorgeschriebenen Rücklagen auffüllen, und diesen zusätzlichen Finanzierungsbedarf berücksichtigt der Schätzerkreis bei seiner Prognose nicht", erklärte Blatt. "Damit wiederholt sich ein Problem aus dem vergangenen Jahr: Auf den ersten Blick scheint die finanzielle Situation stabil, aber wer genauer hinschaut, erkennt, dass weiterhin Beitragsanhebungen zu erwarten sind."
Die gesetzlichen Krankenkassen sind verpflichtet, 20 Prozent einer Monatsausgabe als Rücklage vorzuhalten. Bis Ende 2024 seien die Rücklagen aber im Gesamtdurchschnitt auf rund sechs Prozent einer Monatsausgabe gesunken, erklärte der Spitzenverband. "Die Verpflichtung zur Auffüllung besteht in 2026 fort und wird Zusatzbeitragssatzanhebungen erforderlich machen."
Die finanzielle Situation der gesetzlichen Krankenkassen, die 90 Prozent der Bevölkerung versichern, bleibe "weiterhin sehr angespannt", erklärte Blatt. Das heute vom Bundeskabinett beschlossene "kleine Sparpaket" sei nur ein "Notnagel, mit dem die aktuelle Situation verbessert, die grundlegenden Probleme aber nicht gelöst werden", warnte Blatt. "Für einen stabilen Beitragssatz braucht es kurzfristig weitere entschlossene Maßnahmen zur Ausgabenbegrenzung, insbesondere in den Bereichen Arzneimittel und vertragsärztliche Versorgung."
Längerfristig seien "umfassende Strukturreformen" notwendig, um "die Ausgabendynamik zu brechen, damit Einnahmen und Ausgaben dauerhaft in Einklang kommen und die Beiträge für die Versicherten und deren Arbeitgeber langfristig stabilisiert werden", forderte Blatt. Dessen GKV-Schätzerkreis besteht aus Vertreterinnen und Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit, des Bundesamtes für Soziale Sicherung und des GKV-Spitzenverbandes.
Die Finanzprobleme der gesetzlichen Krankenversicherung sind vor allem darauf zurückzuführen, dass ihre Ausgaben viel schneller steigen als ihre Einnahmen. Im ersten Halbjahr 2025 gaben die 94 gesetzlichen Kassen laut Gesundheitsministerium 7,8 Prozent mehr aus als im Vorjahreszeitraum. Die Beitragseinnahmen - ohne Zusatzbeiträge - stiegen derweil nur um 5,5 Prozent.
Quelle: ntv.de, mpa/AFP