Politik

"Darauf wartet Erdogan nur" Gabriel gegen härtere Türkei-Sanktionen

Gabriel mischte sich beim Tag der offenen Tür unters Volk - so setzte er sich auf die Treppe vorm Auswärtigen Amt.

Gabriel mischte sich beim Tag der offenen Tür unters Volk - so setzte er sich auf die Treppe vorm Auswärtigen Amt.

(Foto: dpa)

Die Betriebstemperatur der deutsch-türkischen Beziehungen ist längst am Gefrierpunkt angekommen. Doch nun mahnt Außenminister Gabriel, die Drohgebärden nicht zu übertreiben – den Appell richtet er aber nicht an Erdogan, sondern an die EU.

Außenminister Sigmar Gabriel warnt davor, bei den Sanktionen gegen die Türkei den Bogen zu überspannen und zum Beispiel die EU-Betrittsverhandlungen abzubrechen. Darauf warte der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan nur, sagte der SPD-Politiker in Berlin. "Darauf wartet er, weil er dann sagen kann: Guckt mal, so sind die, die wollen uns nicht." Erdogan setze auf ein Gefühl, das es bei Türken leider, aber zu Recht gebe: "Es gibt ja unter vielen Türkinnen und Türken auch so etwas wie enttäuschte Liebe zu Deutschland und zu Europa."

Das sei zum Beispiel nach 50 Jahren erfolglosen Beitrittsverhandlungen zu verstehen. "Auf diesen Enttäuschungen baut er (Erdogan) seine Propaganda auf." Gabriel wies auf die reichhaltige gemeinsame Vergangenheit der Türkei und Deutschlands hin. Der deutsch-türkische Schatz sei "verdammt groß". "Und was wir machen, ist auch keine Politik gegen die Türkei. Sondern wir haben ein Problem mit dieser Regierung und ihren Auswirkungen."

Gabriel in der Bundespressekonferenz, die ebenfalls ihre Pforten für Besucher geöffnet hatte.

Gabriel in der Bundespressekonferenz, die ebenfalls ihre Pforten für Besucher geöffnet hatte.

(Foto: dpa)

Gabriel warf der türkischen Führung vor, sich von Europa und den europäischen Grundwerten zu entfernen. "Sie versucht aber, den Eindruck zu ermitteln, wir entfernten uns von der Türkei - was aber nicht stimmt", sagte der SPD-Politiker beim Tag der offenen Tür der Bundespressekonferenz in Berlin.

"Er braucht einen äußeren Feind"

Erdogan warte jeden Tag auf eine Provokation, sagte Gabriel. "Er hat so viele Widersprüche im eigenen Land, dass er einen äußeren Feind braucht." Er selbst wolle aber nicht zulassen, "dass Erdogan seinen innenpolitischen Kampf in Deutschland austrägt und die Leute gegeneinander aufhetzt". Erdogan hatte die türkischstämmigen Wähler in Deutschland aufgefordert, bei der Bundestagswahl im September ihre Stimme weder CDU, CSU, SPD noch Grünen zu geben.

Gabriel machte deutlich, dass er auf die Zeit nach Erdogan setzt. Dieser mache derzeit viele seiner Landsleute wie Intellektuelle, Journalisten und Wissenschaftler heimatlos. Diesen müsse Deutschland Angebote machen und mit ihnen zusammenarbeiten. "Ich will, dass wir denen zeigen: Wir sind nicht gegen Türken und gegen die Türkei, im Gegenteil. Wir setzen auf eine Zeit, wo dieser große Schatz der Gemeinsamkeiten wieder wirken kann."

Beim Tag der offenen Tür wurde Gabriel gefragt, ob er die Türkei als Demokratie oder Autokratie sieht. Seine Antwort: "Wenn Deutschland seine diplomatischen Beziehungen zu den Ländern abbrechen würde, die keine Demokratie sind, würden wir im Auswärtigen Amt viel Geld sparen. Wir hätten aber auch keinen Einfluss mehr."

Quelle: ntv.de, vpe/dpa/rts

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