"Cyber-Sicherheitsrat e. V." Geheimdienste beobachteten IT-Verein schon lange
21.10.2022, 13:12 Uhr
BND-Gelände in Berlin
(Foto: picture alliance / SULUPRESS.DE)
Wie nah steht der "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V." dem Kreml? Der Verein, der vom späteren BSI-Präsident Schönbohm mitgegründet war, soll auch die deutschen Geheimdienste beschäftigen. Sie haben ihn und seinen Vorsitzenden offenbar schon eine Weile im Blick.
Der umstrittene Verein Cybersicherheitsrat Deutschland war nach einem Bericht des "Spiegel" im Blickfeld deutscher Geheimdienste. So habe es eine langjährige Operation des Bundesnachrichtendiensts (BND) gegeben, wie das Nachrichtenmagazin berichtet. Zudem seien der heutige Vereinsvorsitzende sowie eine Person aus dem Umfeld des Vereins vom Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) überwacht worden.
Dem Bericht zufolge geht es bei den Untersuchungen um eine unkritische Nähe zu Russland und mögliche Verbindungen zu russischen Geheimdiensten. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur haben die Nachrichtendienste über Details in dem Fall auch mehrfach im geheim tagenden Parlamentarischen Kontrollgremium des Bundestages berichtet. Bei den Sicherheitsbehörden herrschte dem Vernehmen nach auch Verärgerung darüber, dass Details öffentlich wurden.
"Der Bundesnachrichtendienst nimmt zu Angelegenheiten, die etwaige nachrichtendienstliche Erkenntnisse oder Tätigkeiten betreffen, grundsätzlich nicht öffentlich Stellung. Damit ist keine Aussage getroffen, ob der Sachverhalt zutreffend ist oder nicht", teilte der BND auf Anfrage mit. "Der Bundesnachrichtendienst berichtet zu entsprechenden Themen insbesondere der Bundesregierung und den zuständigen, geheim tagenden Gremien des Deutschen Bundestages."
Späterer BSI-Chef gründete Cybersicherheitsverein
Wegen fragwürdiger Kontakte zu dem Verein Cybersicherheitsrat Deutschland hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser von der SPD Arne Schönbohm die Ausübung seiner Amtsgeschäfte als Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) untersagt. Schönbohm war kürzlich bei einem Fest zum zehnjährigen Bestehen des Vereins aufgetreten - obwohl ihm selbst mehrfach nahegelegt worden, sich von dem "Cyber-Sicherheitsrat Deutschland e.V." zu distanzieren und er seinen Mitarbeitern Besuche dort verboten hatte. Er hatte den Verein, der Unternehmen, Politiker und Behörden in Sachen Cybersicherheit berät, 2012 mitgegründet, und erklärt über sich, politisch neutral zu sein. Schönbohm hat inzwischen ein formales Disziplinarverfahren gegen sich verlangt, auch da sein Auftritt in dem Verein im Bundesinnenministerium genehmigt worden war.
Der Verein Cybersicherheitsrat stand auch in der Kritik, weil bis vor Kurzem die Berliner Cybersecurity-Firma Protelion Mitglied war. Das Unternehmen firmierte bis Ende März unter dem Namen Infotecs GmbH. Dabei handelt es sich um ein Tochterunternehmen der russischen Cybersecurityfirma O.A.O.Infotecs, die nach Informationen des Recherchenetzwerks Policy Network Analytics von einem ehemaligen Mitarbeiter des russischen Nachrichtendienstes KGB gegründet wurde. Der wiederum war von Russlands Präsident Wladimir Putin für sein Wirken mit einer Ehrenmedaille ausgezeichnet worden.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde Protelion aus dem Verein ausgeschlossen. Die im Raum stehenden Vorwürfe seien nicht vereinbar mit dem Kampf gegen Cyberkriminalität und der Förderung von Cybersicherheit, sagte Vereinspräsident Hans-Wilhelm Dünn.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa