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Tausende bei Mai-Kundgebungen Gewerkschaften sind selbstbewusst wie lange nicht

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DGB-Chefin kündigt weiter harte Arbeitskämpfe an.

DGB-Chefin kündigt weiter harte Arbeitskämpfe an.

(Foto: dpa)

Die deutschen Gewerkschaften kündigten weiter harte Verhandlungen mit Arbeitgebern an. Aus reiner Einsicht bewege sich in Chefetagen nichts, sagt DGB-Chefin Fahimi. Man sei auch in der Lage, Ziele konfrontativ durchzusetzen, sagte IG-Metall-Boss Hoffmann.

Deutschlandweit sind anlässlich des Tags der Arbeit wieder Zehntausende den Aufrufen der Gewerkschaften gefolgt. Bei der zentralen DGB-Kundgebung in Köln stellte die Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB), Yasmin Fahimi, Arbeitgebern und Politik auch in Zukunft harte Auseinandersetzungen um Löhne und Arbeitnehmerrechte in Aussicht. "Von allein und aus reiner Einsicht bewegt sich in den Chefetagen doch gar nichts für das Gemeinwohl, für eine gute Arbeitswelt oder gegen den Klimawandel", sagte sie. Kanzler Olaf Scholz fordert die Betriebe zu mehr Ausbildungen auf.

Bundesweit nahmen an den Kundgebungen nach Schätzungen des DGB rund 288.000 Menschen teil. Der Tag der Arbeit ist regelmäßig Anlass, für Arbeitnehmerrechte und gute Arbeitsbedingungen auf die Straße zu gehen, bei den DGB-Veranstaltungen unter dem Motto "Ungebrochen solidarisch". Themen bei den vielen Veranstaltungen waren ferner die Debatte um das Streikrecht, die Vier-Tage-Woche, die hohen Preissteigerungen als Folge des Ukraine-Krieges sowie die Tarifbindung und der Mindestlohn.

IG Metall: Zehntausende neue Mitglieder

Fahimi erteilte Forderungen aus Teilen der Union nach einer Einschränkung des Streikrechts in besonders wichtigen Branchen erwartungsgemäß eine Absage. "Ihr seid so systemrelevant, dass man Euch das Streikrecht absprechen will. Aber nicht so systemrelevant, dass man Euch ordentliche Löhne zahlen will", kritisierte die Gewerkschafterin.

In Berlin verteidigte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann ebenfalls vehement die Rechte der Gewerkschaften zum Arbeitskampf. "Wir werden keine Einschränkung des Streikrechts dulden - Punkt, aus, Ende", rief der Gewerkschafter. Kritik an den Folgen für Bürger und Verbraucher etwa bei Flughafenstreiks wies er zurück. Es sei Sinn von Streiks, "ökonomisch und politisch Druck zu machen, und dieses Recht allein nehmen wir wahr".

Die Gewerkschaften kämen mit kräftigem Schwung aus den Jahren der Corona-Zeit, meinte der IG-Metall-Chef. Die Beteiligung an Warnstreiks sei hoch, die Menschen setzten sich brennend für ihre Ziele ein. In den laufenden Tarifrunden seien deshalb viele gute Ergebnisse erzielt worden, Zehntausende neue Mitglieder seien hinzugekommen. "Die Gewerkschaftsbewegung in Deutschland wird stärker, weil sie sich zeigt, weil sie öffentlich ist, weil sie auch in der Lage ist, konfrontativ ihre Ziele durchzusetzen", meinte Hofmann. Zugleich wiederholte er seinen Vorstoß für eine Vier-Tage-Woche.

"Wir haben Rezepte"

In Koblenz forderte Bundeskanzler Olaf Scholz die Betriebe dazu auf, mehr junge Menschen auszubilden. "Manche Betriebe suchen händeringend Fachkräfte, aber manche Betriebe bilden auch nicht aus", sagte der SPD-Politiker bei der dortigen DGB-Kundgebung. "Und deshalb hier und an dieser Stelle der Appell: Es sollen sich alle noch einmal zusammenreißen und alles dafür tun, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in Deutschland weiter steigt."

Scholz wünscht sich nach eigenen Worten einen "Mentalitätswandel", der für jede Arbeit den notwendigen Respekt aufbringe - nicht nur für Ingenieure oder IT-Fachkräfte, sondern für diejenigen, die mit oder ohne Berufsausbildung im Einzelhandel, im Krankenhaus, in Pflegeeinrichtungen oder auf dem Bau arbeiteten. "Respekt für Arbeit ist das, was für unsere Demokratie und für unser Miteinander unverzichtbar ist."

Bei der Kundgebung wurde Scholz mit Applaus, aber auch Buhrufen und Pfiffen empfangen. "Gerade am 1. Mai, am Tag der Arbeit, kann, darf und muss man sagen: In Deutschland wird es für viele, viele Jahre, vielleicht für mehr als ein Jahrzehnt, nicht das Problem geben, dass wir kämpfen müssen gegen Arbeitslosigkeit." Man müsse im Gegenteil dafür Sorge tragen, dass Betriebe genügend Arbeitskräfte fänden. Bereits jetzt sei die Rede vom Arbeitermangel als großes Problem der Zukunft. "Für diejenigen, die sich Sorgen machen, will ich sagen: Wir haben Rezepte, was man dagegen tun kann." Der Bundeskanzler betonte erneut die Bedeutung von Einwanderung für den Arbeitsmarkt. Dafür sei das neue Gesetz zur Einwanderung von Fachkräften wichtig, weil es die Zukunft der Wirtschaft sowie die Sicherheit der Arbeitsplätze und der Renten- und Sozialversicherung garantiere.

Krawall in Stuttgart

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Bei einer Kundgebung in Stuttgart hat es gewaltsame Ausschreitungen gegeben. Die Polizei setzte nach eigenen Angaben Pfefferspray und Schlagstöcke gegen Angreifer ein, die sie dem linken Spektrum zuordnete. Die Rede war von Pyrotechnik und Handgreiflichkeiten. Zudem beanstandeten die Beamten Vermummungen, Schutzbrillen, Handschuhe und "sonstige Werkzeuge" bei Teilnehmern.

Der Aufzug durfte sich zwar später vom Schlossplatz zunächst in Bewegung setzen. Er wurde nach Polizeiangaben aber bald am Karlsplatz von der Versammlungsleitung beendet. Mehrere Tausend Menschen seien in der Landeshauptstadt auf die Straßen gegangen, der Großteil habe friedlich demonstriert.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/rts/AFP

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