Für Berufe ohne Homeoffice IG-Metall-Chef: "Wir brauchen die Vier-Tage-Woche"
30.04.2023, 10:13 Uhr Artikel anhören
So ein Hochofen lässt sich nicht vom Wohnzimmer aus bedienen: In vielen Berufen ist Homeoffice nicht möglich.
(Foto: picture alliance/dpa)
Ein Tag weniger die Woche für den gleichen Lohn? IG-Metall-Chef Hofmann will das für die Stahlindustrie durchsetzen. Die Vier-Tage-Woche würde vor allem Frauen aus der Teilzeit locken. Der Arbeitgeberverband bezeichnet den Vorstoß derweil als Milchmädchenrechnung.
In der Debatte um die Vier-Tage-Woche hat der Vorsitzende der IG Metall, Jörg Hofmann, den Vorschlag seiner Gewerkschaft verteidigt. Er rechne damit, dass mit der Vier-Tage-Woche das Arbeitsvolumen insgesamt gesteigert werde, sagte Hofmann im Interview mit der "Bild am Sonntag".
"Zuallererst brauchen wir die Vier-Tage-Woche für Berufe, in denen kein Homeoffice möglich ist", forderte er. Dies gelte beispielsweise auf Baustellen, bei Schichtarbeit und in der Stahlindustrie: "Ein Hochofen muss durchlaufen. Wer mal früh, mal spät, mal nachts arbeiten muss, für den sind drei Tage Wochenende sehr entlastend", sagte der IG-Metall-Vorsitzende.
Die Beschäftigtenbefragungen seiner Gewerkschaft hätten zudem "klar ergeben", dass viele Frauen bei einer Vier-Tage-Woche mit 32 Arbeitsstunden zur Rückkehr in die Vollzeit bereit wären, "weil dieses Modell auch mit Familie funktioniert". Würden nur zehn Prozent der in Teilzeit arbeitenden Frauen auf die Viertage-Vollzeit gehen, würde das Arbeitsvolumen stärker steigen als durch die von der Bundesregierung angestrebte Fachkräfteeinwanderung von 400.000 Menschen pro Jahr, führte Hofmann weiter aus. Für genügend Fachkräfte sei aber beides notwendig.
Von 35 auf 32 Stunden die Woche?
Hofmann rief die Arbeitgeber außerdem dazu auf, den neuen Realitäten ins Auge zu schauen. Der Arbeitsmarkt habe sich gewandelt. "Als ich jung war, wurde als Erstes gefragt: Was verdiene ich?" Bei jungen Leuten stehe heute die Arbeitszeit ganz oben auf der Prioritätenliste. "Die Leute haben schon Bock auf Arbeit. Aber auf gute Arbeit, sie wollen eben auch Zeit für Familie und Freizeit. Darauf müssen wir uns einstellen."
Die IG Metall will bei den im November beginnenden Tarifverhandlungen in der Stahlindustrie für eine Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich einstehen. Konkret soll dies durch die Senkung der Wochenarbeitszeit von 35 auf 32 Stunden und eine Umstellung der Dienst- und Schichtpläne geschehen.
"Ein falsches Signal in unserer Lage"
Der Arbeitgeberverband BDA weist die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche bei vollem Lohnausgleich derweil entschieden zurück. "Deutlich weniger Arbeit bei vollem Lohnausgleich - wirtschaftlich ist das eine Milchmädchenrechnung", sagte BDA-Hauptgeschäftsführer Steffen Kampeter der "Bild am Sonntag". Er habe aber nichts gegen individuelle Lösungen in den Betrieben. Der BDA plädiere sehr für eine Flexibilisierung des Arbeitszeitrechts, dennoch sei eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit "ein falsches Signal in unserer Lage".
Auch Mercedes-Vorstandschef Ola Källenius lehnte die Forderungen nach einer Vier-Tage-Woche ab. "Wenn unsere erste Priorität ist, bei vollem Lohnausgleich weniger zu arbeiten, gewinnen wir international kein Spiel mehr", sagte Källenius der Zeitung. Die Industrie befände sich in einer Jahrhundert-Transformation, und da müsse man die Ärmel hochkrempeln.
Quelle: ntv.de, hny/AFP