Politik

Bundeswehrsoldaten abziehen? Grüne fordern Stopp der Irak-Mission

Ein Bundeswehrsoldat begleitet die Ausbildung von Peschmerga im irakischen Kurdengebiet (Bild vom August 2019).

Ein Bundeswehrsoldat begleitet die Ausbildung von Peschmerga im irakischen Kurdengebiet (Bild vom August 2019).

(Foto: picture alliance/dpa)

Teheran droht mit Vergeltung, schiitische Milizen wollen die Militärpräsenz der USA nach dem Luftangriff im Irak beenden. Dort sind auch Soldaten der Bundeswehr stationiert. Die Grünen fordern ein Aussetzen der Mission. Erste Sicherheitsmaßnahmen wurden vor Ort bereits getroffen.

Nach dem tödlichen US-Angriff auf den iranischen General Ghassem Soleimani haben die Grünen einen vorläufigen Stopp der Bundeswehr-Aktivität im Irak und den Abzug der daran Beteiligten gefordert. "Wenn nicht einmal mehr die US-Botschaft gesichert werden kann, dann zeigt dies, dass Bundeswehr-Angehörige auch evakuiert werden müssen", sagte der außenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Omid Nouripour. Zudem müsse die Bundesregierung grundsätzlich darlegen, wie sie sich die Zukunft des Einsatzes vorstelle. "Vor dem Hintergrund der massiven Änderungen des politischen Umfelds ist die Wirksamkeit dieses Einsatzes nicht mehr darstellbar."

Im Militärkomplex Tadschi, 30 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, sind derzeit 27 Bundeswehrsoldaten für die Ausbildung irakischer Kräfte im Einsatz. Sie gehören der internationalen Militärkoalition gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) an. Derzeit liefen dort allerdings nur Vorbereitungen für den nächsten Kurs, der Mitte Januar beginnen soll, sagte ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam. "Am Auftrag hat sich nichts geändert und wir setzen den so fort, wie er befohlen ist." Allerdings verschärften die Bundeswehrsoldaten nach dem US-Luftangriff ihre Sicherheitsmaßnahmen. Das Hauptquartier der Koalition habe die Bewegungen am Boden und in der Luft eingeschränkt, sagte der Sprecher.

Zudem gibt es im Hauptquartier der Anti-IS-Koalition in Bagdad fünf deutsche Soldaten. Knapp 90 Bundeswehrleute sind im nordirakischen Kurdengebiet im Einsatz, um dort kurdische Kräfte auszubilden. Insgesamt zählt das deutsche Kontingent derzeit 415 Männer und Frauen. Geführt wird es aus Jordanien.

"Rutschbahn in militärische Eskalation"

Dass Soleimani getötet worden sei, sei eine "rapide Rutschbahn in eine größere militärische Eskalation", sagte Nouripour weiter. Die von iranischer Seite geäußerten Vergeltungsdrohungen seien "todernst zu nehmen". Die Bundesregierung müsse nun "alle Mechanismen der Krisendiplomatie" einsetzen. Soleimani sei das Gesicht der Politik Teherans in der Region gewesen. "Sein Tod wird von der iranischen Seite als Gesichtsverlust und als amerikanische Kriegserklärung verstanden werden", sagte der Grünen-Politiker.

"Iranische Militärs und ihre Verbündeten sind an vielen Orten nahe genug an westlichen Streitkräften, um ihnen schaden zu können", warnte Nouripour. Es räche sich nun, dass Heiko Maas seit dem Rückzug der Amerikaner aus dem Atomabkommen mit dem Iran "nur blutleere Rhetorik statt substanzieller Maßnahmen abgeliefert" habe, sagte Nouripour weiter.

Die Bundesregierung rief zu Besonnenheit auf. "Es kommt gerade an diesem Punkt jetzt auf Deeskalation an", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Ulrike Demmer in Berlin. Das amerikanische Vorgehen sei eine Reaktion auf eine ganze Reihe von Provokationen, für die der Iran die Verantwortung trage. Auf Nachfrage vermied sie direkte Kritik am Vorgehen der US-Regierung.

Der außenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Jürgen Hardt, verwies auf die "destabilisierenden Aktivitäten" des Iran im Nahen und Mittleren Osten, etwa im Libanon und dem Irak. "Ob der US-Präsident gut beraten war, mit General Soleimani den wahrscheinlichen Kopf all dieser Auslands-Aktionen des Iran auszuschalten, darf dennoch bezweifelt werden", so Hardt. Dieser gezielte Schlag werde den Iran wohl kaum zum Einlenken bewegen oder gar schwächen. "Oberstes Ziel muss jetzt deshalb die Deeskalation sein." Auch die USA sollten gerade jetzt ein neues Gesprächsangebot unterbreiten.

"Beide Seiten zur Vernunft bringen"

Der FDP-Fraktionsvize im Bundestag, Alexander Graf Lambsdorff, warnte ebenfalls vor iranischer Vergeltung, möglicherweise auch in Form von Anschlägen in Europa. "Man muss damit rechnen. Es ist deswegen wichtig, dass wir unsere Sicherheitskräfte in die Lage versetzen, noch stärker mit den Amerikanern zusammen und anderen westlichen Verbündeten dafür zu sorgen, dass so etwas verhindert wird", sagte der FDP-Politiker im RBB-Inforadio.

Durch den US-Raketenangriff sei der Faden der Eskalation wieder aufgenommen worden, sagte Lambsdorff weiter. Umso wichtiger sei es, "dass wir versuchen, beide Seiten zur Vernunft zu bringen". Dafür sei der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen das geeignete Gremium.

Soleimani, der Kommandeur der iranischen Al-Kuds-Brigaden, war in der Nacht bei einem US-Raketenangriff nahe dem Flughafen der irakischen Hauptstadt Bagdad getötet worden. Das US-Verteidigungsministerium teilte mit, der Angriff sei auf Anweisung von Präsident Donald Trump erfolgt, um weitere Angriffe auf US-Diplomaten und Einsatzkräfte zu verhindern. Der Iran kündigte Vergeltung an. Auch schiitische Milizen im Irak riefen zum Kampf gegen die USA auf.

Quelle: ntv.de, mli/dpa/AFP

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