Grüne mit einem Posten mehr Hamburg beschließt Corona-Koalitionsvertrag
02.06.2020, 17:19 Uhr
Tschentscher (r.) und fegebank müssen die Hansestadt durch die Krise führen.
(Foto: dpa)
Hamburgs Erster Bürgermeister will mit den Grünen die in seinen Augen erfolgreiche Arbeit fortsetzen. Doch nun ist mit Corona ein Thema hinzugekommen, das keine Seite am Wahlabend auf der Rechnung hatte: Die Koalition muss eine der schwersten Krisen überwinden.
100 Tage nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg haben SPD und Grüne ihren Koalitionsvertrag für die kommenden fünf Jahre vorgestellt. Bürgermeister Peter Tschentscher betonte, dass die Corona-Pandemie der Stadt die schwerste Krise aller Zeiten gebracht habe. Dies habe die Koalitionsverhandlungen geprägt. Es gehe nicht nur um den Klimawandel und soziale Themen, sondern darum, die Corona-Krise gut zu überstehen. "Dieser Koalitionsvertrag ist ein sehr guter Koalitionsvertrag", sagte er. Dem Papier müssen die Grünen noch bei einem Kleinen Parteitag und die SPD-Mitglieder online zustimmen. Am Mittwoch kommender Woche soll Tschentscher dann in der Bürgerschaft erneut zum Bürgermeister gewählt werden.
Rot-Grün wolle auf Stabilität und Verlässlichkeit setzen, "indem wir die erfolgreiche Arbeit der letzten Legislaturperiode fortsetzen", sagte er und verwies auf Wohnungsbau, Infrastruktur und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank sagte, beide Seiten hätten unter den besonderen Umständen "auf Augenhöhe" stark miteinander gerungen, aber auch festgestellt, dass sie inhaltlich recht nah beieinander lägen. Vier der elf Senatsposten werden von den Grünen besetzt - einer mehr als bisher.
Neues Ressort
Der künftige Senat soll um ein Verkehrsressort ergänzt werden. Es soll vom bisherigen Grünen-Fraktionschef Anjes Tjarks verantwortet werden und sich vor allem um die Mobilitätswende kümmern. Die Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz wird aufgelöst und das Amt für Gesundheit unter einer eigenen Staatsrätin der Sozialbehörde von Senatorin und SPD-Landeschefin Melanie Leonhard unterstellt.
Ressortverteilungen seien zwar wichtig, sagte Tschentscher. "Aber es bleibt dabei, dass wir alle an den gemeinsamen Zielen arbeiten, die wir uns mit diesem Koalitionsvertrag gesetzt haben." Der 205 Seiten umfassende Vertrag baue auf den Stärken der Stadt auf und nehme "ganz klaren Blick in Richtung Zukunft", sagte Fegebank. "Und das haben wir ausbuchstabiert über alle Felder hinweg."
Kritik von der Opposition
Die Opposition kritisierte die rot-grüne Vereinbarung. "14 Wochen, ein bisschen Streit, mehr SPD, weniger Grün, 205 Seiten und am Ende steht über allem der Finanzierungsvorbehalt", konstatierte der CDU-Fraktionsvorsitzende Dennis Thering. Viele längst bekannte Projekte würden in dem Vertrag nur erneut aufgelistet. "So kommt Hamburg nicht gestärkt aus der Krise."
Die Linke bemängelte vor allem, dass sich die Grünen mit ihren Forderungen nicht hätten durchsetzen können. "Schneller Kohleausstieg, Polizeibeauftragte, dauerhaft günstiger Wohnraum, Entkriminalisierung von Cannabis und Schwarzfahren, echter Klimaschutz, Umverteilung des Straßenraums, Landesaufnahmeprogramm für Flüchtlinge, Armutsbekämpfung, ein für alle zugängliches Winternotprogramm, neue Wohnungsgemeinnützigkeit - alles Fehlanzeige", erklärten die Fraktionsvorsitzenden Cansu Özdemir und Sabine Boeddinghaus.
Die FDP-Abgeordnete Anna von Treuenfels sprach von einem "Senat des kleinsten gemeinsamen Nenners". Die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen seien von ernüchternder Tristheit. "Kaum Aufbruch, dafür ein Weiter-so in vielen Bereichen."
Quelle: ntv.de, jwu/dpa