Neue Flüchtlingstragödie Hunderte Tote im Mittelmeer befürchtet
19.04.2015, 09:51 Uhr
Tausende Menschen setzen Monat für Monat ihr Leben aufs Spiel und wagen die gefährliche Überfahrt über das Mittelmeer. Italien und Malta schickten Einsatzkräfte zum neuen Unglücksort.
(Foto: imago/Independent Photo Agency)
Sie fliehen vor Krieg, Verfolgung und Armut. Sie hoffen in Europa Schutz zu finden. Stattdessen endet ihr Leben in den Fluten des Mittelmeers. Wieder kentert ein Schiff mit Flüchtlingen. An Bord: 700 Männer, Frauen und Kinder.
Im Mittelmeer hat sich erneut eine furchtbare Flüchtlingstragödie ereignet. UN-Angaben zufolge kenterte ein überfüllter Fischkutter mit rund 700 Menschen an Bord. Sollte sich die befürchtete Opferzahl bestätigen, wäre es wohl die schlimmste Flüchtlingskatastrophe, die sich je vor den Toren Europas abgespielt hat.
Das Schiff geriet rund 110 Kilometer vor der Küste Libyens und in 193 Kilometern Entfernung von der italienischen Insel Lampedusa in Seenot, sagte die Sprecherin des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR, Carlotta Sami, im italienischen Fernsehen. 28 Passagiere konnten von einem Handelsschiff gerettet werden.
Der UNHCR-Sprecherin zufolge gibt es wohl keine weiteren Überlebenden. Die Geretteten hätten berichtet, dass mehr als 700 Menschen an Bord waren. Sollten sich die Zahlen bestätigen, wäre es das "schlimmste Massensterben, das jemals im Mittelmeer gesehen wurde", sagte Sami. Italienische Medien berichteten, bislang seien 21 Leichen geborgen worden.
Notruf um Mitternacht
Das Schiff war am Sonntag auf dem Weg zum Unglücksort südlich der italienischen Insel Lampedusa, wie die "Times of Malta" meldete. Etwa um Mitternacht soll ein Notruf abgesetzt worden sein. Die italienische Küstenwache dirigierte daraufhin einen portugiesischen Frachter zu der Unglücksstelle. Beim Anblick des Schiffs hätten sich vermutlich die Passagiere auf dem Fischkutter auf eine Seite gedrängt und das Boot so zum Kentern gebracht.
An der Such- und Rettungsaktion beteiligen sich zur Stunde Schiffe und Flugzeuge der italienischen Marine und Küstenwache sowie weitere zivile Handelsschiffe. Wegen der niedrigen Wassertemperaturen sehen Fachleute die Überlebenschance der Gekenterten allerdings als gering an.
Seit Jahren kommen im Mittelmeer immer wieder Bootsflüchtlinge auf dem Weg nach Europa um. Erst am vergangenen Sonntag waren 400 Menschen ums Leben gekommen, nachdem ihr Boot umgekippt und untergegangen war. Die italienische Küstenwache brachte am Wochenende auch weiter Migranten in Sicherheit. Allein in der vergangenen Woche sollen es etwa 11.000 Menschen gewesen sein. Seit Anfang des Jahres sind laut UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) mehr als 900 Menschen bei der gefährlichen Überfahrt über das Mittelmeer gestorben.
Quelle: ntv.de, dsi/dpa/AFP