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Miliz mit Medienoffensive Huthi-Sprecher: Deutsche Schiffe attackieren wir nicht

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Die Huthis herrschen über weite Gebiete im Norden des Jemens.

Die Huthis herrschen über weite Gebiete im Norden des Jemens.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Die Huthi-Miliz im Jemen greift seit Wochen Schiffe im Roten Meer an. Die Angriffe richten sich vorgeblich gegen das israelische Vorgehen im Gazastreifen. Deutsche Schiffe wolle man nicht attackieren, sagt ein Huthi-Sprecher im Interview.

Ein hochrangiger Vertreter der Huthi-Miliz im Jemen hat eine Ausweitung der Angriffe angekündigt. Nach den britischen und US-Attacken auf Huthi-Stellungen werde man die eigenen Aktionen verschärfen. Auch Angriffe auf Kriegsschiffe seien möglich, sagte Mohammed Al-Bukhaiti, Huthi-Gouverneur der Provinz Dhamar, im Interview mit RTL/ntv.

Mohammed Al-Bukhaiti gab das Interview vor einem Bild der Stadt Dhamar, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Vor ihm sieht man den Griff eines Säbels. Der werde "als Dekoration und nicht als Waffe benutzt", sagte Al-Bukhaiti.

Mohammed Al-Bukhaiti gab das Interview vor einem Bild der Stadt Dhamar, Hauptstadt der gleichnamigen Provinz. Vor ihm sieht man den Griff eines Säbels. Der werde "als Dekoration und nicht als Waffe benutzt", sagte Al-Bukhaiti.

(Foto: RTL/ntv)

Seit Wochen greifen Huthi-Kämpfer Handelsschiffe im Roten Meer und im Golf von Aden mit Marineflugkörpern an oder kapern sie. "Unsere Militäreinsätze werden so lange fortgesetzt, bis der Völkermord in Gaza beendet ist und Nahrungsmittel, Medikamente und Treibstoff in die Bevölkerung gelangen dürfen", sagte Al-Bukhaiti. Das werde sich nicht ändern, bis Israel einlenke. "Unser Ziel ist nicht, die Frachter zu versenken, sondern vielmehr, sie zu zwingen, ihren Kurs zu ändern, um die wirtschaftlichen Kosten für Unternehmen zu erhöhen. Es ist die Karte, die wir gegen die Zionisten einsetzen, um sie unter Zeitdruck zu setzen."

Zugleich erklärte Al-Bukhaiti, dass die Huthis deutsche Schiffe nicht angreifen würden. "Chinesische und russische Schiffe sind nicht in unserem Visier. Sie sind keine Ziele. Auch deutsche Schiffe nicht", sagte der Huthi-Funktionär. "Alle Schiffe der Welt sind sicher, natürlich mit Ausnahme derer, die mit dem zionistischen Regime Israels in Verbindung stehen." Dass die Huthis russische und chinesische Schiffe nicht angreifen würden, hatte Al-Bukhaiti bereits vor wenigen Tagen der russischen Zeitung "Iswestija" gesagt.

Medienkampagne soll Legitimität stärken

Mit westlichen Medien sprechen die führenden Mitglieder der Huthi-Miliz nur selten. Das Interview mit Al-Bukhaiti wurde per Video geführt, knapp eine Woche dauerte es, bis der Termin zustande kam. "Wir sind bereit, mit allen zu reden", sagte Al-Bukhaiti. Die Provinz Dhamar liegt etwa 110 Kilometer südlich der Huthi-Hochburg Sanaa.

Al-Bukhaiti ist regelmäßig Gast in arabischen Fernsehsendungen. Ihm zufolge ist das Gespräch mit RTL/ntv sein erstes Interview mit einem westlichen Medium. Die neue Gesprächsbereitschaft der Huthis ist auffällig. "Die Huthis kalkulieren, dass eine Medienkampagne, die ihre Vorgehensweise im Roten Meer erklärt, ihre Legitimität im Jemen stärken wird, selbst in Gebieten, über die sie nicht herrschen", erklärt Jonas Ecke, geopolitischer Analyst und Berater im Bereich der humanitären Hilfe, der lange im Jemen gearbeitet hat. "Das gilt ebenso für den weiteren Nahen Osten, den Globalen Süden und sogar unter Teilen der westlichen Öffentlichkeit, die sich durch die Bilder aus Gaza moralisch stärker herausgefordert fühlt."

"Die jemenitische Bevölkerung und verschiedene Regierungen in der Geschichte des Jemens, mit Ausnahme der gegenwärtig international anerkannten Regierung im Süden des Landes, haben sich historisch als Schutzmacht von Palästina verstanden", so Ecke weiter. "Die historischen Wurzeln für diese Unterstützung reichen tief zurück."

Vorgehen der USA möglicherweise kontraproduktiv

Tatsächlich stellte Huthi-Sprecher Al-Bukhaiti die Angriffe auf internationale Handelsschiffe im Interview als eine Art moralische Verantwortung dar. "Alle Länder sollten mit der gleichen Kraft vorgehen wie wir, um die Verbrechen des Völkermords in Gaza zu stoppen. Wir handeln ehrenhaft."

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Der Jemen ist eines der am stärksten gespaltenen Länder der Welt, mit zwei de-facto-Regierungen und einer immensen Polarisierung zwischen dem schiitischen Norden und dem sunnitischen Süden. Nach jahrzehntelangen Stellvertreterkriegen in dem ölreichen Land gilt die humanitäre Situation dort als eine der schlimmsten in der Welt. "In der aktuellen machtpolitischen Pattsituation gewinnen die Huthis trotz fehlender internationaler Anerkennung an Einfluss", sagt Ecke. Die militärischen Angriffe der USA und Großbritanniens als Reaktion auf die Aggression im Roten Meer könnten den Huthis mehr helfen als schaden.

Auch der Amtssitz des Gouverneurs in Dhamar wurde von den USA angegriffen, Amateurbilder einer großen Explosion gingen um die Welt. "Die amerikanisch-britischen Angriffe zielten auf eine Sicherheitseinrichtung", so Al-Bukhaiti. Einige Arbeitskräfte seien leicht verletzt worden, Tote habe es nicht gegeben. "Natürlich herrscht in Dhamar aufgrund dieses Bombenanschlags ein Zustand der Wut." Am Samstag demonstrierten Hunderttausende im von den Huthis kontrollierten Teil des Jemens, auch in Dhamar.

Quelle: ntv.de

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