Blutbad geplant IS-Krieger offenbart sich vor Gericht
05.07.2017, 17:39 Uhr
Er wollte kein Mörder sein - der Angeklagte ist gesprächig.
(Foto: dpa/Marcel Kusch)
Der Anschlag wäre verheerend gewesen: Wohl Dutzende hätten in der Düsseldorfer Altstadt ihr Leben verloren. Doch einer der Attentäter stellt sich rechtzeitig den Behörden. Und auch vor Gericht schweigt er nicht.
Die Mimik des Angeklagten Hamza C. entspricht so gar nicht den Vorwürfen, die am Mittwoch im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts verhandelt werden. Es geht um einen geplanten Mordanschlag gewaltigen Ausmaßes im Auftrag des Islamischen Staats. Doch der 29-jährige Hamza C. grinst und lacht in die Kameras. Der mitangeklagte Mahood B. hält sich neben ihm scheu eine dunkelgrüne Mappe vor das Gesicht, der dritte im Bunde, Saleh A., schaut immerhin ernst.
Wie ein gläubiger Gotteskrieger sieht keiner der drei Angeklagten aus. Die Haare sind kurz, nur einer trägt einen kurzen Drei-Tage-Bart, einer ein weißes Oberhemd, zwei sind in Polohemden erschienen. Und doch soll es sich bei ihnen vor gut einem Jahr noch um hasserfüllte Terroristen gehandelt haben, entschlossen, in Düsseldorf ein mörderisches Massaker anzurichten.
Alptraum der Sicherheitsbehörden
Das Drehbuch dafür habe die Führung des IS in Rakka schon 2014 in Auftrag gegeben, sagt die Bundesanwaltschaft. Es ist ein Szenario, vor dem sich die Sicherheitsbehörden seit Jahren fürchten: In den engen und dicht gefüllten Gassen der Düsseldorfer Altstadt zünden islamistische Terroristen an einem belebten Wochenende Sprengstoffwesten. Auf die flüchtenden Menschenmassen warten schon weitere Fanatiker, um mit Kalaschnikows möglichst viele Menschen zu erschießen. Am Ende sollten sich dann auch noch die Schützen in die Luft sprengen. Ein zehnköpfiges Terrorkommando soll dafür vorgesehen gewesen sein.
Doch der 30-jährige Saleh A., mutmaßlicher Anführer der IS-Terrorzelle, offenbarte sich im Februar 2016 in Paris den Behörden - wohl von Gewissensbissen geplagt. Seine Tochter solle nicht eines Tages erfahren, dass ihr Vater ein Terrorist sei. Zum Islamischen Staat sei er ohnehin unfreiwillig gekommen. Seither ist er Kronzeuge und Hauptangeklagter in einer Person. Doch die Vorsitzende Richterin betont, dass es im Vorfeld keine Strafabsprache gegeben habe.
Angeklagte in Flüchtlingsheimen festgenommen
Zum Prozessauftakt berichtete Saleh A., er sei der Sohn eines syrischen Arztes und einer palästinensischen Apothekerin, geboren im Sudan, aufgewachsen im Jemen und in Gaza-Stadt. Dort habe er auch sein Abitur gemacht, aber dann seinem Vater nach Syrien folgen müssen. Nach zwei Jahren habe er ein Informatik-Studium abgebrochen, weil er wegen einer tödlichen Stammesfehde zwei Jahre in Untersuchungshaft gesessen habe, bevor er freigesprochen worden sei.
Einen Tag nach seiner Freilassung habe er an einer Demonstration gegen den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad teilgenommen. Als die syrische Armee begonnen habe, friedliche Demonstranten zu töten und zu foltern, habe er sich der Freien Syrischen Armee (FSA) angeschlossen. Deren regionaler Anführer habe seine Brigade schließlich der Al-Nusra-Front unterstellt.
Über die angeklagten Verbrechen soll er noch nicht sprechen, das übernimmt die Bundesanwaltschaft: Den drei Angeklagten wird IS-Mitgliedschaft und die Verabredung zu einem Verbrechen vorgeworfen. Abd Arahman A., der der Anklage zufolge die Sprengstoffwesten hätte herstellen sollen, wird gesondert verfolgt. Er wurde in einer Asylbewerber-Unterkunft in Leimen (Baden-Württemberg) gefasst. Mahood B. wurde in Mülheim/Ruhr festgenommen, Hamza C. im brandenburgischen Bliesdorf. Saleh A. soll zeitweise in Kaarst bei Düsseldorf gewohnt und die Landeshauptstadt ebenfalls gekannt haben.
Der Syrer hatte bei der Polizei angegeben, sich zunächst geweigert zu haben, dem IS die Treue zu schwören. Doch ein Schuss in die Schulter, Haft und Umerziehungslager hätten ihn mürbe gemacht. Schon in Syrien habe er 2013 getötet: den Scharfschützen, der seinen Bruder auf dem Gewissen habe. Deswegen ist er zusätzlich wegen Totschlags angeklagt.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa