Kanzleramtschef über die Ampel "In Dreierbeziehungen ist es nicht ganz einfach"
19.08.2023, 17:42 Uhr Artikel anhören
Kanzleramtschef Wolfgang Schmidt (r.) sitzt im Kabinett von Kanzler Olaf Scholz. Allerdings arbeitet er eher hinter den Kulissen.
(Foto: IMAGO/IPON)
Die Bundesregierung lädt an diesem Wochenende zum Tag der offenen Tür. Im Kanzleramt empfängt dessen Chef Wolfgang Schmidt die Besucher. Mit ntv spricht er über die Vorfreude auf die Fußball-EM 2024, die Schwierigkeiten in Dreierbeziehungen wie der Ampel und die Streitigkeiten im Kabinett.
ntv: Herr Schmidt, Sie sind zum Tag der offenen Tür heute der Gastgeber im Kanzleramt, der Kanzler selbst ist erst morgen dabei. Welche Fragen stellen Ihnen die Bürger, wenn sie ins Gespräch kommen?
Wolfgang Schmidt: Heute war ein besonderer Tag für mich, weil wir Philipp Lahm im Gespräch auf der Bühne hatten. Da ging es natürlich vor allem um die Fußball-Europameisterschaft 2024 in Deutschland, auf die wir ein bisschen Vorfreude machen wollten. Deswegen haben sich die Fragen vor allem mit der deutschen Nationalmannschaft beschäftigt, mit Fußball, mit der EM und es gab auch ein paar Autogrammanfragen für Philipp Lahm.
Hoffen Sie denn, dass dieses Turnier im kommenden Jahr auch positiv auf die Bundesregierung als Gastgeber abstrahlt, dass man einen gewissen Schwung mitnehmen kann? Die Stimmung im Lande ist ja momentan nicht die allerbeste.
Ich glaube nicht, dass die EM auf die Bundesregierung abstrahlen wird. Aber ich würde mir wünschen, dass sie auf unser Land abstrahlt und dass wir wieder ein bisschen Gelassenheit hinkriegen. Wir hatten drei schwere Corona-Jahre mit vielen Diskussionen, dazu den Krieg Russlands gegen die Ukraine mit all den Auswirkungen auch bei uns. 2024 ein wirklich freudiges Ereignis bei uns zu haben, ist gut. Ich hoffe, dass wir wieder zusammenkommen bei den Fanfesten, im Stadion, in den Kneipen und Biergärten. Das tut uns vielleicht auch ganz gut.
Als Kanzleramtsminister sind Sie eher ein Strippenzieher im Hintergrund, stehen nicht so sehr in der Öffentlichkeit. Ist Ihre Aufgabe momentan besonders schwierig? Es läuft ja derzeit nicht alles optimal im Kabinett.
Wichtig ist immer zu verstehen: Wir haben das erste Mal in der Geschichte der Bundesrepublik eine Koalition aus drei ganz unterschiedlichen Parteien. In Dreierbeziehungen ist es natürlich - das kennt man aus dem Privaten - nicht ganz einfach. Zu zweit kann man sich schnell einigen, wenn es drei sind, wird's kompliziert. Das ist auch bei uns der Fall. Zudem sind die Zeiten natürlich besondere: Nicht nur der russische Angriffskrieg bringt viele Herausforderungen mit sich, sondern auch die Tatsache, dass wir ganz viel anpacken müssen, was vielleicht in den vergangenen Jahren liegengeblieben ist. Deswegen wird es hin und wieder auch mal ein bisschen anstrengender, aber ich glaube, das gehört zur Politik dazu.
Kanzler Olaf Scholz macht den Eindruck, dass er eigentlich über den Streitigkeiten steht, dass er sagt: Sollen die sich mal streiten, ich bin der Chef und am Ende wird alles gut.
Nein, sein Job und auch der Job des Kanzleramtes sind, die verschiedenen Positionen zusammenzuführen und hinter den Kulissen dafür zu sorgen, dass wir zu einer Einigung kommen. Manchmal ist es so, dass man das nicht gleich öffentlich machen kann, weil dann zum Beispiel eine Kompromissfindung gar nicht mehr möglich wäre. Ich glaube nicht, dass irgendjemand im Kanzleramt oder dass der Kanzler selbst das Gefühl hat, dass es super sei, wenn andere sich streiten. Es ist schon besser, wenn gerungen wird und wenn das hinter geschlossenen Türen geschieht. Sonst profitiert keiner davon. Aber ich bin ganz optimistisch, dass die größten Schwierigkeiten hinter uns liegen.
Mit Wolfgang Schmidt sprach Holger Schmidt-Denker
Quelle: ntv.de