Politik

Bislang drohten zehn Jahre Haft Indien erlaubt Sex von Schwulen und Lesben

Der nun gestrichene Paragraph soll von Polizisten genutzt worden sein, um Homosexuelle und Transgender zu belästigen.

Der nun gestrichene Paragraph soll von Polizisten genutzt worden sein, um Homosexuelle und Transgender zu belästigen.

(Foto: Reuters)

Ein 146 Jahre alter Paragraph untersagte in Indien bislang homosexuellen Geschlechtsverkehr, es drohten hohe Strafen. Nach einem langen Rechtsstreit entkriminalisiert das Oberste Gericht nun gleichgeschlechtlichen Sex.

In Indien soll gleichgeschlechtlicher Sex künftig nicht mehr bestraft werden. Das entschied das Oberste Gericht des asiatischen Landes nach Angaben von Rechtsanwälten, Richtern und Aktivisten. Die Richter hätten befunden, dass eine Kriminalisierung sexueller Handlungen gegen die indische Verfassung verstoße, sagte Rechtsanwalt Pranav Prakash. Menschenrechtsaktivisten feierten das Urteil, dem ein jahrelanges Hin und Her vor Indiens Gerichten vorausgegangen war.

Mit ihrer Entscheidung strichen die Richter den 146 Jahre alten Paragrafen 377 teilweise aus dem indischen Strafgesetzbuch. Das Verbotsgesetz, das im Jahr 1861 unter britischer Kolonialherrschaft in Kraft gesetzt worden war, sei ein "Instrument der Diskriminierung" von schwulen, lesbischen, bi- und transsexuellen Menschen geworden, sagte Chefrichter Dipak Misra in Neu Delhi. Das darin ebenfalls geregelte Verbot von Sex mit Tieren bleibt aber bestehen.

Mit dem Paragraphen konnten homosexuelle Akte, die als "körperlicher Verkehr gegen die Ordnung der Natur" bezeichnet wurden, bislang mit bis zu zehn Jahren Haft bestraft werden - auch wenn sie im Privaten und mit Einverständnis unter Erwachsenen stattfanden. Im Jahr 2016 wurden knapp 2200 Anzeigen unter diesem Tatbestand registriert, sieben Menschen wurden verurteilt. Auch wenn nur wenige Menschen nach dem Gesetz bestraft wurden, so wurde es Kritikern zufolge von Polizisten dennoch dazu genutzt, um Schwule, Lesben, Bisexuelle und Transgender zu belästigen.

"Ich kann endlich sagen, dass ich frei bin"

Indien ist gesellschaftspolitisch konservativ, Homosexualität galt lange als Tabu. Die Kriminalisierung gleichgeschlechtlicher Beziehungen aus der britischen Kolonialzeit wurde nach der Unabhängigkeit des Landes 1947 beibehalten. Seit den 1990er Jahren versuchten Aktivisten in dem 1,3-Milliarden-Einwohner-Land, Homosexualität auf dem Rechtsweg zu entkriminalisieren. Ein Gericht in Delhi gab dem Antrag 2009 zwar statt - das Oberste Gericht hob das Urteil 2014 allerdings auf und setzte die Strafandrohungen wieder in Kraft.

Nach dem nun erfolgten Urteilsspruch fielen sich Aktivisten vor dem Obersten Gericht in die Arme und feierten ausgelassen. "Ich bin sprachlos", sagte der Student Rama Vij. "Es hat lange gedauert, aber nun kann ich endlich sagen, dass ich frei bin und die gleichen Rechte habe."

Quelle: ntv.de, ftü/dpa/AFP

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