Politik

Fliegende Tankstelle A400M "Sieht super aus, ist aber eigentlich unspektakulär"

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Über der Ostsee betankt ein A400M zwei Tornados, begleitet von zwei Eurofightern.

Über der Ostsee betankt ein A400M zwei Tornados, begleitet von zwei Eurofightern.

(Foto: Bundeswehr/Christian Timmig)

Mit Air Defender geht an diesem Freitag die bislang größte Luftverlegeübung der NATO zu Ende. Trainiert wird mit 250 Militärfliegern aus 25 Staaten. Deutsche Piloten des Transportfliegers A400M machen ihren Job als fliegende Tankstelle in 10.000 Metern Höhe. "Kein Hexenwerk", erklären sie im Interview mit ntv.de.

ntv.de: Air Defender ist ein riesiges Trainingsfeld für die Luftwaffen. Was haben Sie mit dem A400M-Transportflieger geübt?

Mark J.: Im Rahmen von Air Defender bin ich als Lehrer in den Tankflugzeugen eingesetzt. Ich schule die weniger erfahrenen Kollegen in der Luftbetankung. Ich sitze also links, die "Schüler" sitzen rechts, wir fliegen dann ins Übungsgebiet und stehen vor allem den deutschen Eurofightern zum Tanken zur Verfügung. Aber auch andere Jets können bei uns Kerosin tanken, bevor sie den Flug nach Hause antreten.

Heute sind Sie aber nicht allein ins Übungsgebiet geflogen?

Mark J.: Wir sind in Formation geflogen, und ich habe unseren Teil angeführt. Ich hatte hinter mir acht Jetties und einen großen Bomber. In solch einer großen Formation war es für mich das erste Mal und hat super viel Spaß gemacht. Auch die Luft-Betankung, "Air to Air Refueling" nennen wir das, ist letztlich ein Formationsflug.

Sven M.: Natürlich sind wir auch schon in vergangenen Jahren immer wieder gemeinsam mit anderen Nationen geflogen. Aber nicht über deutschem Boden und nicht in diesem Umfang. Wir können unsere eigenen taktischen Verfahren üben und die Koordination mit den anderen Ländern verfeinern. Im Endeffekt lernen wir bei Air Defender jeden Tag und sind total dankbar dafür, dass die multinationalen Kräfte hier ein solches Zeichen setzen. Gerade die Amerikaner, die mit so vielen Soldaten hergekommen sind.

Mit dem A400M fungieren Mark J. und Sven M. als Tankstelle über den Wolken.

Mit dem A400M fungieren Mark J. und Sven M. als Tankstelle über den Wolken.

(Foto: Frauke Niemeyer)

Betanken Sie auch die Flugzeuge der anderen Teilnehmerstaaten? Zugelassen ist der A400M ja zum Beispiel auch für F-18 Kampfjets.

Mark J.: Wir betanken in erster Linie deutsche Eurofighter und Tornados, aber auch andere Flugzeugtypen wie Rafale oder eben die F-18. Es muss getestet werden, ob der Flugzeugtyp mit uns technisch kompatibel ist, das läuft auch für jede den Typen nutzende Nation nochmal separat. Danach gibt es eine Freigabe, und dann können wir auch die anderen Typen betanken.

Sie fliegen einen ganz normalen A400M, der erst zum Tankflieger mutiert, wenn ihm der Kerosintank in den Laderaum geschoben wird. Für wie viele Jets haben Sie denn Tankfüllungen dabei?

Sven M.: Das lässt sich schwer sagen, weil die angeforderte Menge der Jets sehr variiert. Wenn wir von Wunstorf aus starten, haben wir ungefähr 50 Tonnen Sprit, also 60.000 Liter an Bord. Einen kleinen Teil davon brauchen wir für unser Flugzeug, der Rest geht an die Jets.

Wie genau müssen Sie das vorbereiten?

Mark J.: Nehmen wir an, morgen findet eine große Mission in der Luft statt und viele der teilnehmenden Jets werden von uns mit Kerosin versorgt. Dann wird das heute schon durchgeplant, sodass ich morgen, wenn ich drei Stunden vor dem Start zur Arbeit komme, eine Liste bekomme mit exakten Angaben dazu, welchen Jet ich wann zur Betankung erwarten kann, und wie viel Sprit die Piloten jeweils haben wollen. Damit gehe ich perfekt vorbereitet los, und dann kommen die ganzen Änderungen.

Im Flug über der Ostsee wird ein Eurofighter betankt.

Im Flug über der Ostsee wird ein Eurofighter betankt.

(Foto: Bundeswehr/Christian Timmig)

Sie sind schon daran gewöhnt, dass der Plan dann doch nicht gilt?

Mark J.: Ein Jet startet früher oder er fliegt später, benötigt entsprechend mehr oder weniger Kerosin, ein anderer sagt die Betankung ganz ab. Es ist dann mein Job, das in der Luft zu managen. Wenn ich alle geplanten Aufträge erfüllt habe, aber immer noch, sagen wir mal, 10.000 Liter Sprit an Bord sind, dann warten wir im Übungsgebiet einfach auf weitere Kundschaft.

Sie kreisen als mobile Tankstelle am Himmel?

Mark J.: Genau, zwei bis drei Stunden, würde ich schätzen, und in der Zeit kommen die Jetties einfach zu uns. Ein Vorteil, den wir mit dem A400M gegenüber anderen Tankfliegern haben: Wir können deutlich schneller fliegen.

Bis zu 800 Kilometer pro Stunde, sagt die Bundeswehr.

Mark J.: Für den Betankungsvorgang gehen wir auf 500 Kilometer pro Stunde, das ist auch für die Jetties angenehm, auf dieses Tempo können sie gut runterkommen. Anfangs läuft die Kommunikation noch über die Station am Boden, von dort wird der Jet zu uns geleitet. Dann übernehme ich und dirigiere ihn auf die linke oder rechte Flügelspitze. Dort sitzt außer den Triebwerken auch noch ein Behälter mit einem Schlauch, etwa 15 Zentimeter im Durchmesser, den ich 20 Meter weit herausfahren kann. Am Ende befindet sich eine Art Korb. Die Jets wiederum haben einen passenden Anschluss dafür, den Tankstutzen.

Ein Eurofighter manövriert seinen Tankstutzen an den Kerosinschlauch des A400M.

Ein Eurofighter manövriert seinen Tankstutzen an den Kerosinschlauch des A400M.

(Foto: Bundeswehr/Christian Timmig)

Und die Piloten des Jets können so exakt manövrieren, dass sie mit ihrem Stutzen genau den Korb treffen? Das muss ja manuell gemacht werden.

Mark J.: Ja. Wir haben auch Kameras hinten am Flugzeug und können auf zwei Bildschirmen genau sehen, was der Jet hinter uns tut. Wenn er am Korb angedockt hat, starten wir die Betankung in der gewünschten Menge. 1200 Kilo Kerosin pro Minute können wir durch den Schlauch liefern.

Das dauert keine zehn Minuten, aber der Kampfflieger ist Ihrem Heck die ganze Zeit sehr nahe. Manchmal tanken auch zwei gleichzeitig - einer am linken Flügel, einer am rechten. Ist das so gefährlich, wie es aussieht?

Sven M.: In Formation zu fliegen, ist kein Hexenwerk. Man muss dafür aber viel trainieren, und deswegen machen wir auch diese Übung. Die Piloten, die wir hier im "A400M" anlernen, sind nicht total unerfahren, aber sie haben das "Air to Air Refueling" noch nicht gemacht. Sie lernen es vielleicht in einer Unterrichtssituation im Simulator, machen vielleicht die ersten Flüge draußen und werden nun nochmal von einem Lehrer überwacht.

Würden Sie Ihre eigene Position korrigieren, um dem Jet das Manövrieren zu erleichtern?

Mark J.: Nein, das müssen die Jet-Piloten allein machen, für sie ist es tatsächlich auch die größere fliegerische Herausforderung. Sie üben das aber oft im Formationsflug, die schaffen das einwandfrei. Tanken ist ihr daily business. Wir lassen den Sprit fließen, sie tanken die Menge, die sie brauchen, lassen sich ein bisschen zurückfallen und wir trennen uns wieder. Es sieht super aus, ist aber eigentlich unspektakulär.

Mit Mark J. und Sven M. sprach Frauke Niemeyer

Quelle: ntv.de

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