Angebliches Atomprogramm Iran bezichtigt Netanjahu der Lüge
01.05.2018, 16:57 Uhr
Benjamin Netanjahu präsentiert vor Journalisten seine "schlüssigen Beweise" für das iranische Atomwaffenprogramm.
(Foto: AP)
Israel hat angeblich Beweise dafür, dass der Iran die Weltgemeinschaft belügt und weiter den Bau einer Atombombe anstrebt. Nun reagiert der Iran auf die Vorwürfe und spricht von einem "aufgewärmten Bluff".
Nach der Präsentation angeblicher Beweise für ein geheimes iranisches Atomwaffenprogramm hat der Iran den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu der Lüge bezichtigt. Die Anschuldigungen seien das Werk "eines eingefleischten Lügners, dem die Ideen ausgehen", erklärte das iranische Außenministerium auf seiner Website.
Netanjahu habe nur "Lügen und Täuschungen zu bieten", erklärte Ministeriumssprecher Bahram Ghasemi. Die israelische Regierung sehe "keine anderen Möglichkeiten, um das Überleben ihres illegalen Regimes zu sichern". Es handele sich um einen "aufgewärmten Bluff".
"Perfektes Timing"
Netanjahu hatte am Montagabend im israelischen Fernsehen gesagt, sein Land habe Erkenntnisse, wonach der Iran ein "geheimes Atomprogramm" verfolge, das er jederzeit wieder aktivieren könne. Die Informationen stammen nach seinen Angaben aus einem "geheimen Atomarchiv" des Iran, aus dem Israels Geheimdienste vor wenigen Wochen Zehntausende Dokumente erhalten hätten.
Der Ministerpräsident präsentierte keine Belege dafür, dass der Iran seit Abschluss des Atomabkommens 2015 aktiv am Bau einer Atombombe gearbeitet haben könnte. Dass ein geheimes Atomwaffenprogramm existiert, könne Israel nun aber mit "neuen und schlüssigen Beweisen" belegen. Die Dokumente seien Israel als "exakte Kopien" in Papier- oder CD-Format zugespielt worden.
Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sprach auf Twitter von einem "perfekten Timing": Am 12. Mai muss US-Präsident Donald Trump entscheiden, ob die USA an dem Atomabkommen festhalten oder aussteigen. Er hatte mehrfach mit dem Ausstieg gedroht.
USA contra Atomenergiebehörde
Während US-Außenminister Mike Pompeo Netanjahus "Beweise" als glaubwürdig bezeichnet hatte, zeigte sich die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) skeptisch. Ein IAEA-Sprecher teilte in Wien mit, es gebe "keine glaubwürdigen Hinweise" auf ein iranisches Atomwaffenprogramm nach 2009. Auch nach Einschätzung eines israelischen Experten hat Netanjahu keine Beweise für Verstöße des Iran gegen das Atomabkommen vorgelegt.
Bundesaußenminister Heiko Maas sieht nach den Vorwürfen Israels die IAEA am Zuge. Die Behörde müsse schnellstmöglich Zugang zu den israelischen Informationen bekommen und klären, ob es darin tatsächlich Hinweise auf einen Verstoß gegen das Atomabkommen gibt, sagte Maas der "Bild". "Gerade weil wir einen iranischen Griff nach Atomwaffen nicht zulassen können, müssen die Kontrollmechanismen des Wiener Abkommens greifen und erhalten werden", betonte der SPD-Politiker. Der Minister fügte hinzu, Israels Sicherheit stehe im Zentrum deutscher Politik. "Wir werden auch deshalb die israelischen Informationen genau analysieren."
Die EU reagierte auf die Anschuldigungen des israelischen Ministerpräsidenten zurückhaltend. Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini erklärte, nach einer ersten Einschätzung habe Netanjahu keine Beweise präsentiert, dass sich der Iran nicht an das Abkommen zum Verzicht auf Atomwaffen hält.
Quelle: ntv.de, uzh/AFP