"Gefragt, ob wir Juden seien" Israelisches Militär bedroht ARD-Team im Westjordanland
06.11.2023, 16:26 Uhr Artikel anhören
Israelische Soldaten hätten mehrfach Waffen in das Teamfahrzeug der ARD gehalten, schildern die Journalisten die Situation.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
Journalisten der ARD wollen über Gewalt radikaler israelischer Siedler im Westjordanland berichten - und werden dabei eigenen Angaben zufolge vom israelischen Militär behindert. Demnach bedrohen die Soldaten sie mit Waffen, nennen sie "Verräter". Nun bittet die Armee um Entschuldigung.
Ein ARD-Team ist im Westjordanland nach eigenen Angaben von israelischen Soldaten vorübergehend festgehalten und bedroht worden. Der Vorfall wurde am Sonntagabend auf "tagesschau.de" und "BR24" geschildert: Korrespondent Jan-Christoph Kitzler sei mit einem palästinensischen Mitarbeiter sowie einer deutschen Mitarbeiterin auf dem Rückweg von einem Interview gewesen, als sie südlich der palästinensischen Stadt Hebron von israelischen Soldaten gestoppt worden seien. Demnach sollen die Soldaten sich gegenüber den Journalisten überaus aggressiv verhalten haben, mehrfach seien Waffen in das Teamfahrzeug gehalten worden.
Der Bayerische Rundfunk, der das ARD-Studio Tel Aviv betreibt, betrachte den Vorfall als Angriff auf die Pressefreiheit. Das israelische Militär teilte auf Nachfrage mit, die Handlungen der Soldaten seien nach dem Vorfall untersucht und die Vorschriften bekräftigt worden. Die Armee entschuldige sich "für jegliche entstandenen Unannehmlichkeiten".
Das ARD-Team war dem Bericht zufolge unterwegs, um über Gewalt radikaler jüdischer Siedler gegen Palästinenser in von Israel besetzten Teilen des Westjordanlands zu berichten. "Die Soldaten haben uns mit ihren Waffen bedroht und uns gefragt, ob wir Juden seien. Unsere Kollegin wurde als Verräterin beschimpft", wird Korrespondent Kitzler zitiert. Erst nach mehr als einer Stunde habe sich die Situation entspannt, nachdem weitere Soldaten und auch Polizeikräfte hinzugezogen worden seien.
Bundesregierung mahnt Pressefreiheit an
"Für uns ist es der zweite Vorfall innerhalb einer Woche. Unser Team hat sich klar als akkreditierte Pressevertreter ausgewiesen und war fernab militärischer Sicherheitsbereiche", sagte der Leiter des ARD-Studios, Christian Limpert. "Wir können das Vorgehen des israelischen Militärs nicht akzeptieren." Der Verband der Auslandspresse in Israel hatte bereits Ende Oktober die israelische Armee aufgerufen, die Sicherheit von Journalisten zu gewährleisten, und von zwei Vorfällen im Westjordanland berichtet, bei denen Soldaten Reporter bedrängt hätten. Bei einem davon waren demnach ebenfalls ARD-Mitarbeiter betroffen.
Nach dem jüngsten Vorfall im Westjordanland mahnte die Bundesregierung die Einhaltung der Pressefreiheit an. "In einer so angespannten Situation, in der wir uns aktuell befinden, ist natürlich Pressefreiheit ein extrem hohes Gut", betonte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. Für ihre Berichterstattung müsse Pressevertretern vor Ort freier Zugang gewährt werden, forderte sie.
Quelle: ntv.de, spl/dpa