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"Ein tragischer Vorfall" Israels Militär erschießt bei Einsatz versehentlich Hamas-Geiseln

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Israelische Soldaten im Gazastreifen.

Israelische Soldaten im Gazastreifen.

(Foto: AP)

Das Gaza-Viertel Schedschaija ist eines der letzten Hamas-Zentren im nördlichen Gazastreifen. Bei einem Einsatz des israelischen Militärs kommt es in dem Stadtteil zu einer folgenschweren Verwechselung. Soldaten eröffnen das Feuer auf drei Geiseln, die sie fälschlicherweise für Terroristen halten.

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben versehentlich drei Geiseln der Hamas bei einem Einsatz im Gazastreifen erschossen. Die Streitkräfte hätten sie während eines Einsatzes am Morgen in der Hamas-Hochburg Schedschaija im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens fälschlicherweise als Bedrohung identifiziert und auf sie geschossen, teilte der Sprecher des israelischen Militärs, Daniel Hagari, mit.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sprach von einer "unerträglichen Tragödie". "Der gesamte Staat Israel trauert an diesem Abend", erklärte Netanjahu. Er bekundete sein Mitleid mit den Angehörigen der drei Geiseln.

Hagari zufolge war unklar, wie die drei Geiseln in das Gebiet des Kampfgeschehens geraten konnten. Das Militär geht allerdings nach einer ersten Rekonstruktion der Ereignisse davon aus, dass sie entweder ihren Entführern entkommen oder absichtlich zurückgelassen worden seien, fügte Hagari an. Kurz nach dem Vorfall sei bereits der Verdacht aufgekommen, es könne sich bei den Toten um Geiseln handeln. Die Leichen seien daraufhin zur genaueren Untersuchung auf israelisches Territorium gebracht worden. Dabei wurde bestätigt, dass es sich um drei israelische Geiseln handelte.

"Das ist ein tragischer Vorfall, die Armee trägt die volle Verantwortung", sagte Hagari weiter. Das Militär begann demnach sofort mit der Untersuchung des Vorfalls. Hagari betonte, dass es sich bei Schedschaija um ein "aktives Kampfgebiet" handele, in dem es in den vergangenen Tagen zu anhaltenden Kämpfen gekommen sei. Er sprach den Familien der Geiseln sein Beileid aus.

Am Morgen teilte Israels Armee mit, man habe das Kommandozentrum eines wichtigen Hamas-Bataillons in Schedschaija eingenommen und zerstört. Soldaten hätten bei dem Einsatz auch Terroristen getötet, wie das Militär mitteilte. Auch ein Tunnel-Komplex sei zerstört worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen. Schedschaija ist ein Viertel der Stadt Gaza. Es gilt als eine der letzten beiden Zentren der islamistischen Hamas im nördlichen Teil des Gazastreifens.

US-Regierung spricht von "tragischem Tod"

Die US-Regierung bezeichnete den Tod der drei Geiseln als "herzzerreißend" und "tragisch". "Natürlich ist dies kein Ergebnis, das sich irgendjemand gewünscht hat", sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. Er gehe davon aus, dass die Israelis sich den Vorfall genau ansehen würden, um herauszufinden, wie es dazu kommen konnte. Der Fall eigne sich aber nicht, um ein allgemeines Urteil darüber zu fällen, ob das israelische Militär in der Lage sei, im Gazastreifen präzise vorzugehen, sagte Kirby weiter.

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Die US-Regierung hatte zuletzt nach Gesprächen mit der israelischen Führung die Erwartung geäußert, dass Israel von einem militärischen Vorgehen mit "hoher Intensität" im Gazastreifen zu "gezielteren" Militäroperationen übergehen werde. Einen Zeitraum dafür nannte Washington allerdings nicht.

Protest in Tel Aviv

Aus Protest gegen die ihrer Meinung nach zu halbherzigen Bemühungen der israelischen Regierung zur Geiselbefreiung gingen in Tel Aviv Hunderte Menschen auf die Straße. Auf Bildern im israelischen Fernsehen war zu sehen, wie sich große Menschenmengen im Zentrum der Küstenmetropole versammelten und eine Hauptstraße blockierten. Mit Plakaten, Spruchbändern und Postern mit den Namen und Bildern vieler anderer Geiseln marschierten die Demonstranten in die Richtung des Hauptquartiers der israelischen Armee. Wie die Nachrichtenseite ynet berichtete, schütteten sie rote Farbe auf die Straße. "Ihre Zeit wird knapp! Bringt sie jetzt nach Hause", riefen die Menschen. Sie kritisieren, dass die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu nicht genug tut, um die von der Hamas verschleppten Geiseln aus dem Gazastreifen freizubekommen. Sie plädieren für einen neuen Geisel-Deal, wie es ihn bereits Ende November gab. Vorfälle wie der am Freitag in Gaza könnten so nach ihren Worten verhindert werden.

Quelle: ntv.de, jpe/ino/dpa

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