Politik

Bald schon Premierministerin? Japans Regierungspartei wählt erstmals eine Parteichefin

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Die 64-jährige Takaichi äußert sich kritisch zu Migration und vertritt einen harten politischen Kurs gegenüber China.

Die 64-jährige Takaichi äußert sich kritisch zu Migration und vertritt einen harten politischen Kurs gegenüber China.

(Foto: picture alliance / Anadolu)

Nach dem Rücktritt von Ministerpräsident Shigeru Ishiba wählt die Regierungspartei LDP einen neuen Vorsitz. Erstmals setzt sich eine Frau durch. Sanae Takaichi gilt als erzkonservative Politikerin und dürfte in wenigen Tagen neue Regierungschefin Japans werden.

Japan soll künftig erstmals von einer Frau regiert werden. Die ehemalige Innenministerin Sanae Takaichi gewann das Rennen um den Vorsitz der regierenden Liberaldemokratischen Partei LDP. In einer Stichwahl konnte sich die erzkonservative Takaichi mit 185 Stimmen gegen den moderaten Kandidaten Shinjiro Koizumi durchsetzen, der auf 156 Stimmen kam. Nach der Übernahme des Parteivorsitzes dürfte die 64-jährige Takaichi zur nächsten - und ersten weiblichen - Premierministerin Japans gewählt werden. Die Wahl im Parlament ist für den 15. Oktober angesetzt.

Der populäre Landwirtschaftsminister Koizumi galt zwar als Medien-Liebling, einige Kritiker hielten den 44-jährigen Sohn des früheren Regierungschefs Junichiro Koizumi jedoch für zu unerfahren, um die künftige Regierung zu führen. Die Stimmen setzen sich sowohl aus 295 Parteiabgeordneten sowie über 900.000 einfachen Parteimitgliedern zusammen. Im ersten Wahlgang gelang keinem der fünf Kandidaten eine Mehrheit.

LDP verliert an Beliebtheit

Zwar hat die Koalition aus LDP und ihrem Juniorpartner Komeito im Juli bei der Wahl zum Oberhaus die Mehrheit verloren und stellt seither nur noch eine Minderheitenregierung. Dennoch dürfte die neue LDP-Chefin aller Wahrscheinlichkeit nach im Parlament ebenfalls zur Regierungschefin gewählt werden. Das zersplitterte Oppositionslager müsste sich alternativ auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen, was zurzeit als nicht möglich erscheint.

Für Japan wäre es der vierte Premierminister in nur fünf Jahren. Zuletzt ist Shigeru Ishiba Anfang September nach weniger als einem Jahr im Amt zurückgetreten. Er begründete seine Entscheidung mit der historischen Wahlniederlage seiner Partei bei der Oberhauswahl im Juli.

Grund für die Unzufriedenheit vieler Japaner mit ihrer Regierung waren die während der letzten Jahre stark angestiegenen Preise sowie die zunehmende Einwanderung von Migranten. Zuletzt haben rechtspopulistische Kleinparteien, vor allem die offen ausländerfeindliche Sanseito, an Beliebtheit gewonnen. Takaichi war Ishiba bei der Stichwahl um den LDP-Vorsitz im vergangenen Jahr noch knapp unterlegen. Sie gilt als Befürworterin einer expansiven Fiskal- und Geldpolitik.

Neuer rechtskonservativer Kurs

"Gemeinsam mit so vielen von Ihnen haben wir eine neue Ära für die LDP eingeläutet", sagte Takaichi nach dem Votum in der LDP-Parteizentrale in Tokio, an dem nur Abgeordnete und Mitglieder der LDP teilgenommen hatten.

Takaichi dürfte die LDP nach dem vergleichsweise liberalen Ishiba nun wieder auf einen rechtskonservativen Kurs führen. Sie hat sich in der Vergangenheit wiederholt kritisch gegenüber Zuwanderung geäußert und vertritt einen harten politischen Kurs gegenüber der Volksrepublik China. Als Verbündete des 2022 ermordeten Ex-Premiers Shinzo Abe teilt sie auch dessen nationalistische und revisionistische Ansichten.

So ist sie unter anderem bekannt für Pilgergänge zum umstrittenen Kriegsschrein Yasukuni in Tokio. In dem Shinto-Heiligtum wird der in Kriegen für das japanische Kaiserreich Gestorbenen gedacht - darunter auch verurteilte und hingerichtete Kriegsverbrecher. Für Kritiker ist der Yasukuni-Schrein in Tokio ein Symbol des ehemaligen Militarismus. Besuche japanischer Politiker und Opfergaben in dem Schrein lösten in der Vergangenheit wiederholt Spannungen mit China und Südkorea aus, gegen die Japans Aggressionen im Zweiten Weltkrieg gerichtet waren.

Quelle: ntv.de, mwa/dpa/rts/AFP

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