Thüringen-Monitor zeigt Stimmung Jeder zweite Thüringer mit Demokratie unzufrieden
23.05.2023, 15:39 Uhr Artikel anhören
Zwölf Prozent der Thüringer haben rechtsextreme Einstellungen.
(Foto: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild)
Jährlich fragen Thüringer Forscher die Befindlichkeiten im Freistaat ab. Selten war die Unzufriedenheit mit der Politik größer. Nicht einmal jeder Sechste vertraut der Bundesregierung. Auch die Landesregierung büßt massiv ein. Und auch wenn rechtsextreme Einstellungen nicht zugenommen haben, breiten sich neurechte Positionen aus.
In Thüringen ist einer Studie zufolge die knappe Mehrheit der Bevölkerung mit der Demokratie unzufrieden. Laut dem Thüringen-Monitor 2022 sank die Demokratiezufriedenheit auf Jahressicht um 17 Punkte auf nur noch 48 Prozent. Dies markiere den stärksten Rückgang seit mehr als 20 Jahren. Noch vor zwei Jahren waren demnach knapp zwei Drittel der Befragten zufrieden "mit der Demokratie, so wie sie in Deutschland in der Praxis funktioniert".
Ein ähnliches Bild zeigt sich der Befragung zufolge auch beim Vertrauen in den Politikbetrieb. So sank das Vertrauen in die Bundesregierung demnach das zweite Jahr in Folge und ging um 15 Prozentpunkte auf aktuell 22 Prozent zurück - dies ist der niedrigste Vertrauenswert seit 16 Jahren. Auch der Thüringer Landesregierung vertrauten demnach nunmehr nur noch 40 Prozent der Befragten im Vergleich zu 53 Prozent im Jahr 2020.
Vor allem in ländlichen Regionen lägen die Zustimmungswerte nochmals deutlich niedriger und damit auf einem besorgniserregenden Niveau, hieß es in der Studie. Auch demokratiegefährdende Einstellungen wie Rechtsextremismus und Populismus seien auf dem Land stärker vertreten als in den Städten. Ebenso sei das Gefühl der Benachteiligung in den ländlichen Regionen noch einmal stärker ausgeprägt.
Die Forscher konstatieren, "dass die Unterstützung für das politische System mit seinen Institutionen und Akteuren im vergangenen Jahr unter Druck geraten ist". Zugleich weisen sie aber darauf hin, dass das "Vertrauen in politikferne Institutionen (v. a. Gerichte) und in Bürgermeister:innen als wichtige lokale Akteure nicht gesunken" sei.
Befragung in Krisenzeit
Insgesamt haben zwölf Prozent der Thüringer rechtsextreme Einstellungen. Der Wert ist damit in etwa so hoch wie im Vorjahr mit elf Prozent und verharrt auf dem Tiefstand seit Beginn der Messungen im Jahr 2001. Allerdings ist der während der Corona-Pandemie erkennbare Rückgang gestoppt. Zugleich teilt ein erheblicher Teil der Bevölkerung neurechte Positionen. So stimmen 61 Prozent der Aussage zu: "Es ist Zeit, Widerstand gegen die aktuelle Politik zu leisten." Das sind 37 Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
Für die aktuelle Erhebung wurden im vergangenen Herbst 1885 wahlberechtigte Thüringer befragt. Zu diesem Zeitpunkt prägten Energiekrise und Energiepreisschock sowie die höchste Inflation seit mehr als 70 Jahren die öffentliche Diskussion. Der Thüringen-Monitor wird jährlich im Auftrag der Staatskanzlei von Forschern der Jenaer Uni erhoben.
In Thüringen wird im kommenden Jahr ein neuer Landtag gewählt. Derzeit regiert eine rot-rot-grüne Landesregierung unter Ministerpräsident Bodo Ramelow von der Linken. Die hat keine parlamentarische Mehrheit. In Umfragen liegt aktuell die AfD vorn.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP