"Handelsblatt" prüft Journalist geistert unter falschem Namen durch die SPD
16.03.2023, 17:00 Uhr
In der Berliner SPD treibt ein Mitglied mit Hang zur Maskierung sein Unwesen.
(Foto: IMAGO/Dirk Sattler)
Mit falschem Bart und falschem Namen bewegt sich ein Journalist offenbar seit Jahren in der Berliner SPD. Vor allem bei öffentlichen Auftritten verschleiert der Mann seine Identität. Allerdings treibt es ihn immer wieder zu wirksamen Aktionen - so auch zu einer Tirade gegen Parteichefin Giffey. Sein Arbeitgeber sieht sich zum Handeln gezwungen.
Ein SPD-Mitglied im Berliner Bezirk Pankow hat sich unter falschem Namen für die Partei engagiert. Öffentlich wurde das, nachdem der Vize der SPD-Abteilung, der sich Matthias Brückmann nennt, durch deutliche Kritik an SPD-Landeschefin Franziska Giffey und deren Plänen für eine Landesregierung zusammen mit der CDU auffiel. Wie der "Tagesspiegel" berichtet, heißt er Mathias Brüggmann und arbeitet als Journalist für das "Handelsblatt".
Dessen Chefredaktion teilte mit, das politische Amt des Redakteurs sei dort nicht bekannt gewesen. "Nachdem Medien über sein Engagement berichteten, wurde der Kollege beurlaubt, bis die Zusammenhänge lückenlos geklärt sind." Eine Kommission werde Brüggmanns Texte unter dem Aspekt untersuchen, ob sie dem Anspruch an redaktionelle Unabhängigkeit gerecht geworden seien. "Die Kommission arbeitet seit gestern", sagte eine Sprecherin des Verlags. Wann mit Ergebnissen zu rechnen sei, lasse sich nicht absehen. Brüggmann selbst war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.
Das Pankower SPD-Mitglied war am vergangenen Samstag bei einer Sitzung des Kreisverbands ans Mikrofon getreten und hatte Giffey vorgeworfen, die SPD werde im Fall einer Koalition mit der CDU bei der Wahl 2026 ein noch katastrophaleres Ergebnis einfahren als im Februar. Die Szene war in einem Bericht des RBB zu sehen, in dem der Mann als Matthias Brückmann bezeichnet wurde.
Nach dem Auftritt gab es nach "Tagesspiegel"-Informationen in einer Chatgruppe der SPD in Pankow deutliche Kritik an seinem Verhalten. Der Kreisvorsitzende Dennis Buchner teilte mit, er wolle sich nicht weiter zu dieser innerparteilichen Angelegenheit äußern. "Wir werden das intern zu klären haben, auch wie aus einer rein privaten Chatgruppe nach außen kommuniziert wird." Ihm sei aber eine sachliche Information wichtig: "Das in Rede stehende Mitglied ist unter seinem richtigen Namen Mitglied der SPD. Er hat insoweit niemanden getäuscht, steht unter richtigem Namen auf Stimmzetteln etc."
Laut "Tagesspiegel" verschleiert Brüggmann aber bei öffentlichen Auftritten seit längerem seine wahre Identität. So halte er sich auf Fotos im Hintergrund, schicke E-Mails unter falschem Namen und versuche auf Parteitagen unerkannt zu bleiben. 2016 habe einer von nur zwei SPD-Delegierten gegen die Spitzenkandidatur von Michael Müller votiert. "Eine zweite Person, die gegen Müller votierte, verschwand unmittelbar nach der Abstimmung. Sie trug einen falschen Bart. Der Mann war nicht mehr aufzufinden", berichtete die Zeitung damals.
Quelle: ntv.de, jwu/dpa