Auftakt für Koalitionsgespräche Giffey will parteiinterne Kritiker von GroKo überzeugen
09.03.2023, 17:29 Uhr
Sollten die Gespräche erfolgreich verlaufen, wird Kai Wegner bald den Posten von Franziska Giffey übernehmen.
(Foto: Fabian Sommer/dpa)
Vor allem in der Berliner SPD ist die angestrebte Koalition mit der CDU manchen Parteimitgliedern ein Dorn im Auge. Dem will die Noch-Regierende Bürgermeisterin Giffey mit guter Kommunikation und vor allem Inhalten entgegenwirken. Einige zukünftige Projekte liegen bereits auf dem Tisch.
Berlins Regierende Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey hofft darauf, Kritiker an den schwarz-roten Koalitionsverhandlungen innerhalb der SPD noch zu überzeugen. "Für uns ist jetzt wichtig, sehr viel Informations- und Kommunikationsarbeit auch in die Partei zu leisten", sagte Giffey nach den ersten Koalitionsgesprächen mit der CDU. Das werde auch passieren. Es werde außerdem selbstverständlich fortlaufend Informationen zum Verlauf der Koalitionsverhandlungen geben. Sie sei sich sehr sicher, dass es am Ende eine Auseinandersetzung anhand der Themen geben werde, wenn ein gut ausgehandelter Vertrag auf dem Tisch liege. "Und dann denke ich schon, dass wir die Mehrheit der Mitglieder auch überzeugen können."
"Ich will noch mal sagen, wir haben hier einen Landesvorstandsbeschluss, der mit über 67 Prozent diesen Weg, den wir jetzt beschreiten, befürwortet hat", sagte die SPD-Landeschefin. "Und es gibt eine Entscheidung für das höchste Beteiligungsformat, das es überhaupt gibt in der SPD, nämlich ein Mitgliedervotum." Die rund 18.500 Mitglieder der Berliner SPD würden dabei nach ihrer Meinung zum Koalitionsvertrag befragt und könnten dann die Entscheidung treffen, sagte Giffey. "Ich hoffe sehr, dass das heutige Sondierungspapier schon einen wichtigen Beitrag dazu leistet."
CDU und SPD hatten sich bei ihrem ersten Treffen zu Koalitionsverhandlungen auf eine Reihe von gemeinsamen Projekten verständigt, allerdings noch ohne Details zu nennen. Es sei dabei um viele Themen gegangen, die der Sozialdemokratie wichtig seien. Giffey räumte ein, dass es innerhalb der SPD auch skeptische Stimmen gebe. So hatten etwa die Berliner Jusos eine Kampagne gegen Schwarz-Rot angekündigt, auch in einigen SPD-Kreisverbänden regt sich Widerstand.
Die Vorsitzende der Jusos im Bund, Jessica Rosenthal, bekräftigte indes die Ablehnung der schwarz-roten Koalition durch den SPD-Nachwuchs. Giffeys Entscheidung könne sie "nicht nachvollziehen", sagte sie dem "Spiegel". Ein Bündnis mit der CDU werde der SPD schaden. Sie wolle den Berliner Juso-Landesverband bei der innerparteilichen Kampagne gegen die Koalition unterstützen. Die Berliner Jusos sollten das Bündnis verhindern.
Verhandler legen Zeitplan fest
Dreieinhalb Wochen nach der Wiederholung der Berliner Abgeordnetenhauswahl setzten die sogenannten Dachgruppen beider Parteien 13 Facharbeitsgruppen ein, die ab sofort über verschiedene Themengebiete beraten, wie ein SPD-Sprecher mitteilte. Zudem legten beide Parteien einen Zeitplan fest. Am kommenden Mittwoch sollen die Dachgruppen erneut zusammenkommen, um über die Präambel des Koalitionsvertrags zu diskutieren.
Die Ergebnisse aus den Facharbeitsgruppen sollen mit den Dachgruppen in der darauffolgenden Woche besprochen werden. Der Abschluss der Verhandlungen ist für den 31. März vorgesehen. Am 3. April wollen beide Parteien ihren Vertrag präsentieren. Einen Tag später beginnt eine SPD-Mitgliederbefragung, deren Ergebnis am 23. April vorliegen soll.
Zu den gemeinsamen Projekten, auf die sich die Verhandlungspartner verständigten und die in einem achtseitigen Sondierungspapier festgehalten sind, gehört die Modernisierung der Berliner Verwaltung, mehr Personal für Polizei und Rettungskräfte, das Vorantreiben der Schulbauoffensive und die Stärkung des ÖPNV durch ein dauerhaftes 29-Euro-Ticket. "Wir haben gerungen, wie wir Berlin noch besser machen", sagte der CDU-Landesvorsitzende Kai Wegner. Die Regierende Bürgermeisterin und SPD-Landesvorsitzende Franziska Giffey ergänzte, dabei lasse sich auf vieles aufbauen, was schon von Rot-Grün-Rot vorbereitet worden sei.
Die CDU um Spitzenkandidat Wegner gewann die Wahl vom 12. Februar mit 28,2 Prozent deutlich. Die SPD landete auf dem zweiten Platz - mit einem Vorsprung von nur 53 Stimmen vor den Grünen. Beide erhielten jeweils 18,4 Prozent der Stimmen. Die CDU sondierte anschließend auch mit den Grünen, entschied sich jedoch für Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Einigen sich die beiden Parteien, müsste die bisherige Regierende Bürgermeisterin Giffey ihr Amt an Wegner abgeben. Bislang regierte in der Hauptstadt eine Koalition aus SPD, Grünen und Linkspartei.
"Extrem wichtig als Fundament für diese Koalition"
Das dringendste Projekt in den kommenden Jahren sei die Modernisierung der Berliner Verwaltung, sagte der Berliner CDU-Generalsekretär Stefan Evers im RBB. "Das klingt erstmal staubtrocken und nach eingeschlafenen Füßen, aber nichts sonst wird funktionieren, wenn uns diese Mammutaufgabe nicht gelingt", fügte er hinzu. Die CDU sei sich mit der SPD darüber einig, dass bis zum Ende der Legislaturperiode die Weichen dafür gestellt werden müssten, sagte Evers. Dieses Bekenntnis sei "extrem wichtig als Fundament für diese Koalition".
SPD-Landeschef Raed Saleh erklärte, dass bestehende soziale Entlastungen "nicht verhandelbar" seien. "Es darf keine Rückabwicklung unserer Errungenschaften geben, sollte eine schwarz-rote Koalition zustande kommen", sagte er dem "Tagesspiegel". Als Beispiel dafür nannte er etwa den Wegfall der Kitagebühren. Saleh stellte zudem eine Streichung der Gebühren für die Meisterausbildung in Aussicht.
Quelle: ntv.de, fzö/AFP/dpa