Zettelpost und Fast Food Jury brütet, Trump sitzt im Gerichtsgebäude fest
30.05.2024, 17:52 Uhr Artikel anhören
Muss sich alles anhören: Donald Trump
(Foto: dpa)
Im Schweigegeldprozess um die US-Wahl 2016 beraten die Geschworenen über Donald Trumps Schuld so lange, wie sie wollen. Der Ex-Präsident muss derweil im Gericht sein. Manchmal schickt die Jury Zettelpost und bekommt ein wenig Theater zu sehen.
"WAHLBEEINFLUSSUNG!" schreit Donald Trump den Nutzern von Truth Social am Donnerstagmorgen entgegen, gepaart mit einem Videoauszug des Frühstücksfernsehens von "Fox News", in dem sich seine Schwiegertochter Lara Trump in Rage redet. In Manhattan finde ein Scheinprozess gegen den designierten Präsidentschaftskandidaten der Republikaner statt, mit einem "Helden der Linken" als Richter. Andere Medien bekommen ihr Fett weg, und vor allem hängt sich die Co-Vorsitzende der Republikanischen Partei daran auf, dass ein Jurist bei MSNBC sagte, er sei "verknallt" in Richter Juan Merchan.
Nach rund fünf Wochen des Schweigegeldprozesses um Trump und die Pornodarstellerin Stormy Daniels müssen jetzt alle in und um das Gerichtsgebäude auf die Geschworenen warten. Sie haben alle Beweise gesehen, alle Zeugen gehört und sich zu Beratungen zurückgezogen. Befinden sie den Ex-Präsidenten einstimmig für schuldig wegen der Vertuschung illegaler Wahlkampfunterstützung, und wenn ja, in allen 34 Fällen? Dann würde der Richter zu einem späteren Zeitpunkt das Strafmaß bestimmen.
Während die Jury darüber diskutiert, muss Trump - wie jeder andere Angeklagte in einem Strafprozess auch - im Gebäude sein. Der Ex-Präsident kommt morgens wie an Verhandlungstagen ins Gericht, kann sich kurz vor der Presse äußern, bevor er in den Saal muss. Danach sitzt er im Gericht fest. Er hält sich bereit, falls der Richter etwa Zweifel der Geschworenen ausräumt. Die schicken dafür zunächst auf Zetteln eine entsprechende Notiz aus ihrem Beratungssaal, wo sie um eine große Tafel sitzen. Sie dürfen weder richterliche Anweisungen noch die Zeugenaussagen schriftlich vorliegen haben.
"Nehmen wir an, Sie gehen ins Bett"
Am ersten Tag ihrer Beratungen am Mittwoch fragte die Jury danach, noch einmal Aussagen über das Treffen im Trump Tower zwischen Trump, seinem persönlichen Anwalt Michael Cohen sowie dem Verleger David Pecker hören zu können. Dort sollen die drei Männer laut Anklage im Jahr 2016 ihre Verschwörung vereinbart haben, um unliebsame Frauengeschichten aus dem Verkehr zu ziehen, die Trumps Wahlchancen hätten beeinflussen können.
Gerichtsmitarbeiter spielen dafür ein wenig Theater, schlüpfen dafür in die Rollen der Anwälte und Zeugen, um den Geschworenen die entsprechenden Passagen aus dem Protokoll im Wortwechsel vorzulesen. "Dieser Plan, den diese Männer zu diesem Zeitpunkt ausgeheckt haben, könnte dazu geführt haben, dass Präsident Trump gewählt wurde", hatte Staatsanwalt Joshua Steinglass über das Treffen im Schlussplädoyer der Anklage gesagt.
Auch wollten die Geschworenen noch einmal hören, inwieweit sie daraus selbst Schlussfolgerungen ziehen sollen - woraufhin der Richter ihnen noch einmal den entsprechenden Teil der Anweisungen vorlas. Das tat er dann am Donnerstagmorgen: "Nehmen wir an, Sie gehen eines Abends ins Bett, wenn es nicht regnet, und wenn Sie morgens aufwachen und aus dem Fenster schauen, sehen Sie keinen Regen, aber Sie sehen, dass die Straße und der Gehweg nass sind und dass die Leute Regenmäntel und Regenschirme tragen. Unter diesen Umständen kann man vernünftigerweise davon ausgehen, dass es in der Nacht geregnet hat." Trump hing derweil in seinem Stuhl auf der Anklagebank, laut "New York Times" mit geschlossenen Augen und manchmal den Kopf leicht nach hinten geneigt, "als würde er sich bräunen".
In den vergangenen Wochen hat sich der Ex-Präsident in der Mittagspause nie aus dem Gericht gewagt, sondern sich stattdessen mit seinem Team in einen Raum gegenüber dem Verhandlungsaal zurückgezogen. Manchmal wird ihm tütenweise Essen ins Gericht gebracht, so auch am Tag der Schlussplädoyers; etwa Hamburger oder Sandwiches, manchmal Pizzakartons. Trump beschimpft zugleich in den sozialen Netzwerken nicht nur den Prozess, sondern das Gericht als Farce. Aber es könnte sein, dass er dort noch tagelang festsitzt.
Quelle: ntv.de