Gassen im "ntv Frühstart" KBV-Chef: Söders Plan ist "brandgefährlich"
01.04.2020, 10:14 Uhr
Mit seinem Corona-Notfallplan will Bayerns Ministerpräsident Söder die ärztliche Versorgung im Land dezentralisieren. Das birgt laut Kassenärztlicher Vereinigung Gefahren. KBV-Chef Gassen warnt vor dem "Chaotisieren der bestehenden Strukturen".
Die Pläne des bayerischen Ministerpräsident Markus Söder, der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) Bayern inmitten der Corona-Krise die Zuständigkeit für die ärztliche Versorgung im Land zu entziehen, stößt auf heftige Kritik. "Vielleicht will sich Herr Söder als Krisenmanager beweisen", sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, Andreas Gassen, im "ntv Frühstart". "Man kann nur hoffen, dass der größte Teil der Krise bewältigt ist. Denn das ist das Chaotisieren der bestehenden Strukturen." Gassen sagte, er sei froh, nicht in Bayern leben zu müssen.
Söders Plan sieht vor, dass pro Landkreis oder kreisfreie Stadt sogenannte Versorgungsärzte eingesetzt werden. Als medizinische Koordinatoren sollen sie weitreichende Befugnisse bekommen. Unter anderem dürfen sie Haus- und Fachärzte sowie deren Personal aus ihren Praxen abziehen und in Corona-Schwerpunktpraxen einsetzen. Im schlimmsten Fall, so Gassen, gebe es also künftig in Bayern 90 Versorgungsärzte mit 90 unterschiedlichen Lösungen. Diese Dezentralisierung zugunsten eines bayerischen Sonderwegs sei laut Gassen aus medizinischer Sicht "brandgefährlich".
Der Kassenärzte-Chef kritisierte zudem, dass einige Bundesländer - darunter Sachsen, Schleswig-Holstein und auch Bayern - die Verteilung der Schutzmaterialien vom Bund künftig selbst übernehmen wollen anstatt dies wie zuvor den Kassenärztlichen Vereinigungen zu überlassen. "Das andere System hat funktioniert", so Gassen. "Jetzt gibt es noch eine Anlaufstelle mehr. Das hätten wir uns anders gewünscht. Hoffen wir, dass das glatt geht."
Angesichts der knappen Verfügbarkeit von medizinischer Schutzausrüstung dürften die niedergelassenen Ärzte bei der Verteilung des Materials nicht benachteiligt werden. "Wenn die niedergelassen Ärzte keine Schutzkleidung mehr bekommen, dann sind sie vom Netz", sagte Gassen. Sechs von sieben Corona-Patienten würden ambulant in den Praxen behandelt. "Wenn diese sechs Patienten auch noch in die Krankenhäuser kommen, dann haben wir bald doch noch italienische Verhältnisse." Zwar gebe es inzwischen mehr Lieferungen vom Bund. "Aber das würden wir uns umfangreicher wünschen", sagte Gassen.
Quelle: ntv.de, jug