Kreml verhandlungsbereit? Kanzler reagiert auf Putins Ukraine-Vorschläge
15.06.2024, 11:52 Uhr Artikel anhören
Wie ernst meint der Kreml seine Vorschläge? Viele Beobachter sind skeptisch. Auch vor dem Ukraine-Krieg 2022 hatte Moskau Angriffsabsichten bestritten.
(Foto: IMAGO/ITAR-TASS)
Kurz vor dem Friedensgipfel in der Schweiz macht Putin Kiew eine Art Angebot, das manche eher als "Diktatfrieden" bezeichnen: Russland sei bereit zu verhandeln - wenn Kiew auf weite Teile des Landes und einen NATO-Beitritt verzichtet. Nun äußert sich auch Kanzler Scholz.
Die Vorschläge des russischen Präsidenten Wladimir Putin für den Beginn von Friedensgesprächen sind Bundeskanzler Olaf Scholz zufolge nicht beim G7-Gipfel besprochen worden. Jeder wisse, dass diese Vorschläge nicht ernst gemeint seien, sondern etwas zu tun hätten mit der Konferenz in der Schweiz, sagte er dem ZDF.
Putin hatte am Freitag Bedingungen für Friedensgespräche mit der ukrainischen Regierung gestellt - wobei seine Vorschläge eher einem Diktat ähneln. Russland würde die Kämpfe einstellen, wenn die Ukraine ihre Bestrebungen aufgebe, der NATO beizutreten, erklärte er. Darüber hinaus forderte er den Abzug der ukrainischen Armee aus den vier Regionen, die zur Ukraine gehören, aber von Russland für annektiert erklärt worden sind. Zuvor hatte der Kreml auch immer wieder klar gemacht, dass das "Kiewer Regime", wie er die rechtmäßig gewählte Regierung nennt, gestürzt werden müsse.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nannte Putins Bedingungen für einen Stopp der Offensive ein "Ultimatum", das dem Vorgehen von Adolf Hitler im Zweiten Weltkrieg ähnele. US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sagte, Russland könne der Ukraine keine Bedingungen für einen Frieden diktieren. "Putin hat souveränes ukrainisches Territorium widerrechtlich besetzt", sagte Austin nach einem NATO-Verteidigungsministertreffen in Brüssel. Der Politikwissenschaftler Carlo Masala sprach von einem "Diktatfrieden", CDU-Verteidigungsexperte Roderich Kiesewetter von einem "Pseudo"-Angebot, das er einen "vergifteten Vorschlag nannte.
"Ein diplomatisches Pflänzchen"
Scholz äußerte sich auch zur Friedenskonferenz, zu der sich an diesem Samstag Vertreter von mehr als 90 Staaten - ohne Russland - in der Schweiz treffen. Der Kanzler dämpfte im Vorfeld die Erwartungen. Dem ZDF sagte er, es gehe darum, Grundlagen zu legen für eine Folgekonferenz. "Und dann wird es auch darauf ankommen, dass Russland dabei ist", sagte Scholz. "Deshalb ist das ein diplomatisches Pflänzchen, das wir jetzt gießen, damit es größer wird."
Aus den USA kommt Vizepräsidentin Kamala Harris zu der Konferenz. China und andere Länder, die dem Angreifer Russland nahestehen, bleiben dem Treffen fern oder schicken keine hochrangigen Vertreter. Die Delegationen wollen in einem Luxushotel hoch über dem Vierwaldstättersee bei Luzern über Aspekte wie den Getreideexport aus der Ukraine, die Sicherheit des von Russland besetzten Atomkraftwerks Saporischschja und humanitäre Fragen wie den Gefangenenaustausch debattieren.
Quelle: ntv.de, ghö/dpa