Massive Zweifel an Hafen-Deal Kanzleramt: Kein Bezug zu China-Reise von Scholz
26.10.2022, 16:29 Uhr
Das Kanzleramt schweigt: Hatte Scholz Kontakt mit dem chinesischen Staatskonzern Cosco?
(Foto: picture alliance/dpa)
Auf Druck des Kanzleramts fügen sich Grüne und FDP zähneknirschend: Das chinesische Staatsunternehmen Cosco bekommt eine Beteiligung im Hamburger Hafen. Dessen Betreiber lobt das Geschäft. Scholz Sprecherin betont, es gebe keinerlei Zusammenhang mit der China-Reise des Kanzlers.
Das Bundeskanzleramt hat eine Verbindung zwischen der umstrittenen Cosco-Entscheidung und der geplanten China-Reise von Olaf Scholz bestritten. "Die Kabinettsentscheidung steht in keinerlei Zusammenhang mit der China-Reise", sagte die stellvertretende Regierungssprecherin Christiane Hoffmann. Die Bundesregierung hatte zuvor nach wochenlangen Debatten grünes Licht für die Teilübernahme eines Containerterminals im Hamburger Hafen durch den chinesischen Staatskonzern Cosco gegeben.
Das Bundeskanzleramt war gegen den Widerstand von sechs Fachministerien dafür eingetreten. Die Regierung einigte sich dann auf einen Kompromiss: Die chinesische Reederei darf maximal 24,9 Prozent der Betreibergesellschaft des Terminals erwerben, nicht wie geplant 35 Prozent. Bundeskanzler Scholz reist in der kommenden Woche nach China.
Das Investitionsprüfverfahren der Bundesregierung laufe bereits seit Monaten und wäre Ende Oktober ausgelaufen, sagte Regierungssprecherin Hoffmann weiter. Die Entscheidung für oder gegen die Cosco-Beteiligung habe daher "in dieser Woche" fallen müssen. Dazu, ob das Bundeskanzleramt vor der Entscheidung in Kontakt mit dem Unternehmen gestanden habe, wollte sich die Sprecherin nicht äußern.
HHLA: "Keine einseitigen Abhängigkeiten"
Das Hafenunternehmen HHLA begrüßte die Genehmigung zum Einstieg des chinesischen Staatskonzerns Cosco in eines ihrer Hamburger Containerterminals und wies Kritik an der Vereinbarung zurück. "Die Zusammenarbeit zwischen HHLA und Cosco schafft keine einseitigen Abhängigkeiten", erklärte die HHLA-Vorstandsvorsitzende Angela Titzrath in Hamburg. Die HHLA bleibe ein eigenständiges börsennotiertes Unternehmen mit der Hansestadt Hamburg als ihrem wichtigsten Anteilseigner.
Titzrath betonte zugleich die wirtschaftliche Bedeutung der Zusammenarbeit mit Cosco für ihr Unternehmen. Der Einstieg des chinesischen Unternehmens stärke die "Zukunftsfähigkeit der HHLA" und sichere Arbeitsplätze im Hamburger Hafen. Durch die Cosco-Beteiligung an dem von der HHLA betriebenen Containerterminal Tollerort werde dieses zu einer zentralen Drehscheibe für den Warenhandel mit Asien. Die Zusammenarbeit stärke auch die Bundesrepublik als "Exportnation".
Ministerien bestehen auf Protokollnotiz
Allerdings bestehen die Bedenken der beteiligten Ministerien auch an dem abgespeckten Deal weiter. In einer Protokollerklärung äußerten das grün geführte Außenministerium und andere Ressorts schwere Bedenken zur Entscheidung des Kabinetts über den chinesischen Einstieg. "Der Erwerb von Anteilen am Containerterminal Tollerort durch die chinesische Staatsreederei Cosco erweitert den strategischen Einfluss Chinas auf die deutsche und europäische Transportinfrastruktur sowie die deutsche Abhängigkeit von China unverhältnismäßig", heißt es in der Erklärung.
In Regierungskreisen hieß es, FDP-geführte Ressorts hätten sich dem angeschlossen. Finanzminister Christian Lindner schrieb auf Twitter, das Ministerium habe sich der Protokollerklärung des Auswärtigen Amtes angeschlossen. Neben Außenministerin Annalena Baerbock hatte auch Wirtschaftsminister Robert Habeck vor einem chinesischen Einstieg gewarnt.
Quelle: ntv.de, mau/AFP/dpa