Erneute Ausschreitungen Kein Ende der Proteste in Hongkong in Sicht
03.08.2019, 19:45 Uhr
Die Demonstranten haben als Reaktion neue Strategien entwickelt. Viele trugen Bauarbeiterhelme und Wanderstöcke, einige auch selbstgebastelte Schilde.
(Foto: dpa)
Trotz schärfer werdender Warnungen aus Peking versammeln sich auch in der neunten Woche der beispiellosen Massenproteste in Hongkong Zehntausende Menschen zu Demonstrationen gegen die Regierung. Nach Märschen am Wochenende ist für Montag ein großer Streik geplant.
Bei erneuten Protesten gegen die pro-chinesische Regierung in Hongkong ist es zu Zusammenstößen mit der Polizei gekommen. Die Veranstalter sprachen von 120.000 meist schwarz gekleidete Demonstranten, die im Viertel Mong Kok zusammenkamen. Die Behörden gaben die Zahl mit 42.000 an. Nachdem die Polizei bis zum Nachmittag kaum zu sehen war, stellte sie sich am Abend den Demonstranten entgegen und setzte Tränengas gegen sie ein. Sie hätten Brände vor einer Polizeiwache gelegt und mehrere Fahrzeuge beschädigt, hieß es zur Begründung. Für die kommenden beiden Tage sind weitere Proteste geplant.

Die Polizei setzte Tränengas ein und räumte Straßen, auf denen Demonstranten zuvor Barrikaden errichtet hatten.
(Foto: REUTERS)
Bei einer zweiten Kundgebung demonstrierten Tausende Menschen hingegen für die Polizei, die wegen ihrer teils massiven Einsätze in der Kritik steht. Sie versammelten sich im Geschäftsviertel Causeway Bay und trugen überwiegend Weiß. Hier sprachen die Veranstalter von 90.000 Teilnehmern, die Polizei von 26.000. "Wir sind das echte Volk von Hongkong, die nichts mit den Schlägern in schwarzen Hemden zu tun haben", rief der pro-chinesische Abgeordnete Junius Ho der Menschenmenge zu. "Wir brauchen keine sogenannte 'HK-Revolution', wir müssen nur unser Bestes geben, das reicht."
Am Freitagabend hatten sich im Zentrum der Millionenmetropole erstmals auch Beschäftigte des öffentlichen Dienstes den Kundgebungen gegen die Regierung angeschlossen. Sie widersetzten sich damit der Anweisung der Behörden, politisch neutral zu bleiben.
Für den morgigen Sonntag sind weitere Proteste gegen Regierungschefin Carrie Lam angekündigt, der die Demonstranten zu große Nähe zur Führung in Peking vorwerfen. Regierungskritiker haben zudem für Montag zum Generalstreik aufgerufen.
Demonstranten entwickeln neue Strategien
Die Proteste hatten sich vor rund zwei Monaten an Plänen der Regierung für ein Gesetz zur Auslieferung von Beschuldigten nach China entzündet. Seit Mitte Juni weiten sich die Kundgebungen aus. Die Bevölkerung der früheren britischen Kronkolonie genießt seit der Übergabe an China 1997 Freiheiten wie die der Meinungsäußerung, die sonst in der Volksrepublik tabu sind.
Diese sehen die Demonstranten gefährdet. Meist verlaufen die Kundgebungen friedlich. Allerdings kam es auch zu Auseinandersetzungen, bei denen die Polizei auch Gummigeschosse einsetzte. Den Sicherheitskräften wird zudem vorgeworfen, sie hätten Demonstranten nicht ausreichend gegen Angriffe mutmaßlicher Bandenmitglieder geschützt.
Die Demonstranten haben als Reaktion neue Strategien entwickelt. Viele trugen Bauarbeiterhelme und Wanderstöcke, einige auch selbstgebastelte Schilde. "Wenn die Polizei zu stark ist, werden wir verschwinden", sagte ein Demonstrant, der seinen echten Namen nicht nennen wollte. Unter Hinweis auf ein unter den Demonstranten beliebtes Zitat des Schauspielers und Kampfkünstlers Bruce Lee erklärte er: "Sie sind ein Stein, deswegen müssen wir wie das Wasser sein."
Quelle: ntv.de, jki/rts