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Auch Phosphorbomben im Einsatz? Kiew: Russland attackiert in Ost-Ukraine von allen Seiten

Die Industrieanlage Asowstal steht seit Tagen unter Beschuss.

Die Industrieanlage Asowstal steht seit Tagen unter Beschuss.

(Foto: IMAGO/Cover-Images)

Der ukrainische Generalstab meldet, dass Russland einen Landkorridor zur Krim schaffen will. Deshalb stehen derzeit vor allem Ziele im Osten und Süden des Landes unter Beschuss. Aus vielen Städten werden Angriffe und zivile Opfer gemeldet.

Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben des Generalstabs in Kiew das Tempo ihrer Angriffe im Osten der Ukraine deutlich erhöht. Die russischen Besatzer würden praktisch von allen Seiten intensiv angreifen und Ziele unter Beschuss nehmen, teilte der Stab in der ukrainischen Hauptstadt mit. Moskau ziehe zusätzliche Kräfte in der Nähe von Isjum im Gebiet Charkiw zusammen - mit dem Ziel, die Verteidiger der Ukraine im Osten einzukreisen, hieß es weiter.

Aus Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, wurde nächtlicher Beschuss mit mindestens drei Toten gemeldet. Sechs weitere Personen seien verletzt worden, darunter ein 14 Jahre altes Kind. Die örtliche Verwaltung machte Russland für die zivilen Opfer verantwortlich. Zwei der Verwundeten seien schwer verletzt, teilte der regionale Militärchef Oleg Synegubow mit.

Das russische Militär habe Artillerie und Mörser eingesetzt. Die ukrainische Armee halte die Stellung und füge dem "Feind" Verluste zu. Mehrere Russen seien gefangen genommen worden. Die Angaben konnten nicht unabhängig geprüft werden.

Der Gegner strebe dem Generalstab in Kiew nach vor allem weiter nach voller Kontrolle über die Gebiete Luhansk und Donezk, um einen Landkorridor zur Schwarzmeer-Halbinsel Krim zu etablieren. Nach ukrainischer Darstellung nutzen die russischen Streitkräfte auch weiter den Flughafen von Melitopol im Gebiet Saporischschja als Basis für ihre Kampfflugzeuge und -hubschrauber.

Offenbar mehrere Hundert Verwundete in belagertem Industriebetrieb

Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtete im Nachrichtenkanal Telegram von schweren Zerstörungen in den umkämpften Städten Lyssytschansk und Popasna. Vier Menschen seien bei russischen Angriffen im Gebiet Luhansk innerhalb eines Tages getötet und vier weitere verletzt worden. Die russische Armee habe mit Luftschlägen und Artillerie Dutzende Male zivile Ziele beschossen, sagte Hajdaj.

Unterdessen wurden aus der Stadt Cherson, deren Einnahme Russland gemeldet hatte, mehrere Explosionen berichtet. Die Detonationen hätten sich unweit des Fernsehzentrums ereignet, teilten ukrainische Medien mit. Danach sei ein Feuer ausgebrochen. Details waren unklar. In der Region Sumy berichtete die lokale Verwaltung über mehr als 50 Einschüsse von Mörsern.

Von Opfern sei nichts bekannt, sagte ein Behördensprecher. Auch aus Mykolajiw wurden Angriffe gemeldet. In der Nähe von Odessa schoss die Luftabwehr eine russische Spionagedrohne über dem Schwarzen Meer ab, wie die ukrainische Armee mitteilte.

Asow-Regiment ruft Kiew zu Hilfe auf

Laut dem ukrainischen Präsidentenberater Oleksij Arestowitsch "konzentrieren sich die Bemühungen der russischen Invasoren auf Slawjansk, Kramatorsk und Mariupol". In der eingekesselten Hafenstadt Mariupol "bombardiert der Feind massiv", teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. Der Kommandeur der 36. ukrainischen Marinebrigade in Mariupol, Sergej Wolyna, rief erneut per Telegram um Hilfe und wies darauf hin, dass er 600 verwundete Soldaten und Hunderte Zivilisten bei sich in den belagerten Industrieanlagen von Asowstal habe.

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Arestowitsch versprach, es würden Anstrengungen unternommen, um den russischen Präsidenten "Wladimir Putin zu zwingen, sie freizulassen". "Die Zivilisten zuerst, aber wir arbeiten auch daran, unsere Soldaten zu evakuieren", betonte er.

Swjatoslaw Palamar, Vizekommandeur des umstrittenen Asow-Regiments, appellierte dramatisch an Kiew, weitere militärische Hilfe zu schicken. "Ich rufe die militärisch-politische Führung auf, entscheidende Schritte zu unternehmen, um die Blockade zu durchbrechen oder alle zu evakuieren, die auf ihr Vaterland hoffen und daran glauben." Zudem berichtete Palamar von neuen heftigen Attacken. Er behauptete, Russland habe "eine kolossale Menge an Phosphorbomben" abgeworfen. Diese Brandbomben entzünden sich durch Kontakt mit Sauerstoff und richten verheerende Schäden an. Ihr Einsatz ist verboten.

Quelle: ntv.de, tsi/dpa/AFP

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