"Ausbildung dauert zu lange" Klingbeil nennt neuen Grund für Panzer-Nein
15.09.2022, 21:38 Uhr
Panzerlieferungen hätten jetzt gar keinen Effekt, meint SPD-Chef Klingbeil.
(Foto: dpa)
In der Debatte um die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine bremsen vor allem die Sozialdemokraten und das Kanzleramt. Nachdem NATO und die USA der Sorge vor Alleingängen widersprochen haben, findet SPD-Chef Klingbeil nun eine neue Begründung für die Absage an Kiew.
In der Debatte um Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine hat SPD-Chef Lars Klingbeil betont, dass sich die Bundesregierung einig sei, der Ukraine derzeit keine Panzer des Typs Leopard 2 zu liefern. Dies sei in der Ampel-Regierung abgestimmt, sagte er in Oldenburg mit Verweis auf Grüne, FDP und SPD. Klingbeil argumentierte, dass die Ausbildung an diesen modernen westlichen Kampfpanzern viel zu lange dauere, um in der jetzigen Phase des Krieges einen Effekt haben zu können. Ukrainische Soldaten hätten auch bei der Ausbildung an der Panzerhaubitze 2000 selbst gebeten, länger ausgebildet zu werden als geplant, sagte der SPD-Chef.
Klingbeil wich damit von der Linie ab, mit der Bundeskanzler Olaf Scholz bislang sein Nein gegenüber Kiew begründet hatte. Laut Scholz geht es der Bundesregierung darum, im Kreis der westlichen Partner keinen "Alleingang" zu machen. "Es ist die Haltung der gesamten Bundesregierung, dass es keine deutschen Alleingänge geben wird." Zuvor hatte Außenministerin Annalena Baerbock in der "Frankfurter Allgemeine Zeitung" gesagt: "Was moderne Kampfpanzer angeht, kann man nur gemeinsam entscheiden, in einer Koalition und international." Die Grünen-Politikerin hatte hinzugefügt, in der entscheidenden Phase, in der sich die Ukraine gerade befinde, sei das keine Entscheidung, die lange hinausgezögert werden sollte.
USA und NATO geben grünes Licht
Äußerungen aus den USA und von der NATO waren in Berlin zuletzt als Ermunterung zur Lieferung weiterer Waffensysteme verstanden worden. Vor allem aus der FDP und den Grünen kamen verstärkt Forderungen nach der Lieferung von Leopard-Panzern für Kiew. "Es gibt keine stichhaltigen Argumente mehr, um die Ukraine nicht zu unterstützen und ihnen schwere Waffen vorzuenthalten", sagte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. "Die ukrainische Armee hat in beeindruckender Weise gezeigt, dass sie in der Lage ist, westliches Militärgerät äußerst schnell zu adaptieren. Das müssen wir zur Kenntnis nehmen und entsprechend handeln", sagte die FDP-Politikerin. "Deutschland muss in Europa vorangehen. Das ist kein Alleingang oder mangelnde Abstimmung, das ist der Wunsch der Partner. Wer diesen Wunsch anders interpretiert, geht an der Wirklichkeit vorbei", sagte Strack-Zimmermann mit Blick auf die bisherige Argumentation des Kanzleramts.
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht kündigte am Nachmittag an, zwei weitere Mehrfachraketenwerfer "MARS" sowie 50 gepanzerte Fahrzeuge vom Typ "Dingo" an die Ukraine liefern. Dazu würden auch 200 Raketen für die Mehrfachraketenwerfer überlassen, sagte die SPD-Politikerin in Berlin zum Auftakt der Bundeswehrtagung. Lieferungen von Schützen- und Kampfpanzern, wie sie die Ukraine erbeten hat, kündigte Lambrecht nicht an, verwies aber auf einen Panzerringtausch mit Griechenland.
Quelle: ntv.de, mau/rts