Alle sollen gemustert werdenKoalition einigt sich auf neuen Wehrdienst

Der erste Versuch der Regierungskoalition, ein neues Wehrdienst-Modell aufzusetzen, endet im Oktober im Eklat. Im zweiten Anlauf wird man sich nun offenbar einig.
Die Fraktionsspitzen der Koalition haben sich bei einem Treffen am Abend nach Angaben von Teilnehmern auf den neuen Wehrdienst verständigt. Am heutigen Donnerstag sollen demnach die Fraktionen in Sondersitzungen über das Konzept beraten und es billigen. Details wurden zunächst nicht genannt. Nachdem ein erster Versuch einer Einigung im Oktober in einem Eklat endete, soll der Weg für einen Bundestagsbeschluss des Gesetzes nun im Dezember frei werden.
Bereits vor dem Treffen von Verteidigungsexperten von SPD und Union, deren Fraktionschefs Matthias Miersch und Jens Spahn, sowie Verteidigungsminister Boris Pistorius hatte man sich auf Eckpunkte verständigt. Nach Informationen aus Regierungs- und Parlamentskreisen sollen wie im ursprünglichen Gesetzentwurf von Pistorius geplant, Anfang 2026 in einem ersten Schritt alle 18-Jährigen mit einem Fragebogen angeschrieben werden. Männer müssen ihn beantworten, Frauen können. Der Fragebogen dient bereits als Teil der Musterung.
Im ersten Jahr sollen zunächst um die 20.000 Freiwillige aus einem Jahrgang gewonnen werden. Ab Mitte 2027 soll ein kompletter Jahrgang mit etwa 300.000 Männern vollständig gemustert werden, um einen Überblick über Wehrfähige zu gewinnen. Das erwogene Losverfahren in diesem Schritt entfällt.
Wehrpflicht müsste gesondert beschlossen werden
Für den Fall aber, dass freiwillige Rekruten fehlen, könnte es in einer nächsten Phase dennoch eine Wehrpflicht geben. In das Wehrdienstgesetz soll aber nur eine vergleichsweise allgemeine Formel wie faires oder gerechtes Auswahlverfahren geschrieben werden. Die Details würden dann in einem zweiten Gesetz verankert, hieß es. Dieses muss erst in dem Fall beschlossen werden, wenn zwangsweise eingezogen werden muss. Zuvor muss die Regierung den Mangel feststellen und auch der Bundestag zustimmen. Diese Hürde vor dem Zwang stand bereits in Pistorius' Ursprungsgesetz und ist vor allem für die SPD wichtig.
Fachpolitiker von CDU/CSU und SPD im Bundestag hatten bereits Mitte Oktober einen Kompromissvorschlag ausgearbeitet. Demnach sollte ein Losverfahren bestimmen, wer zur verpflichtenden Musterung muss - eine Musterung kompletter Jahrgänge sah dieses Modell also nicht vor. Hätten sich dabei nicht genügend Freiwillige gefunden, sollten gemäß dem Bedarf der Bundeswehr per weiterem Losverfahren ausgewählte Männer zum Wehrdienst verpflichtet werden. Minister Pistorius hatte dieses doppelte Losverfahren - das nun offenbar vom Tisch ist - abgelehnt und eine offizielle Verkündung der Vereinbarung durch die Parlamentsvertreter gestoppt.