Politik

"Wo ist Nawalny?" Kreml-Kritiker bleibt verschollen

Außenansicht des Straflagers "Nummer zwei" in der Region Wladimir: Hier vermuten seine Unterstützer den Putin-Gegner Nawalny.

Außenansicht des Straflagers "Nummer zwei" in der Region Wladimir: Hier vermuten seine Unterstützer den Putin-Gegner Nawalny.

(Foto: imago images/ITAR-TASS)

Während in Moskau Oppositionelle festgenommen und eine unabhängige Zeitung mit einer chemischen Substanz angegriffen wird, sorgen sich Nawalnys Unterstützer weiter um den Kreml-Kritiker. Eine Stippvisite vor einem Straflager bringt keinen Hinweis auf seinen Verbleib.

Die Verwirrung um den Aufenthaltsort des inhaftierten russischen Oppositionsführers Alexej Nawalny hält an. Nawalnys Anwälte warteten am Montag stundenlang vor einem Straflager im Gebiet Wladimir rund 100 Kilometer östlich von Moskau, in dem sie ihren Mandanten vermuteten. Auskunft bekamen sie demnach nicht. Der 44-jährige Kremlgegner war laut seinem Team Ende vergangener Woche aus einer ebenfalls im Gebiet Wladimir gelegenen Untersuchungshaftanstalt an einen unbekannten Ort gebracht worden.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte der Agentur Interfax zufolge, dass ihm keine Informationen über Aufenthaltsorte von Verurteilten vorlägen. Eine solche Auskunft müsse beim russischen Strafvollzug erfragt werden. Die Staatsagentur Tass meldete unter Berufung auf ein Gerichtsdokument, dass Nawalny mittlerweile im Straflager sei. Dessen Team wiederum erklärte das Dokument für veraltet. "Eine offizielle Information über Nawalnys Verbleib haben wir nach wie vor nicht", bekräftigte sein Mitarbeiter Iwan Schdanow auf Twitter.

Am Wochenende hatte auch Nawalnys Ehefrau Julia Nawalnaja beklagt, nicht zu wissen, wo ihr Mann derzeit festgehalten wird. In sozialen Netzwerken forderten zahlreiche Nutzer unter dem Hashtag #GdjeNawalny ("Wo ist Nawalny") Auskunft über den Verbleib des Oppositionellen. Der Kreml-Kritiker war Anfang Februar in einem international heftig kritisierten Prozess zu mehreren Jahren Straflager verurteilt worden, wurde danach aber zunächst weiter in einem Untersuchungsgefängnis festgehalten. Die russische Justiz wirft ihm vor, gegen Bewährungsauflagen in einem früheren Strafverfahren verstoßen zu haben, während er sich in Deutschland von einem Giftanschlag erholte. Deutschland, die EU und die USA hatten Nawalnys Freilassung gefordert.

Anschlag auf "Nowaja Gaseta" wird untersucht

Am Morgen gab es in Moskau einen Anschlag mit einer chemischen Substanz auf die Redaktion der unabhängigen russischen Zeitung "Nowaja Gaseta". Der Eingang des Gebäudes sei am Morgen Ziel einer "chemischen Attacke" geworden, teilte der Chefredakteur Dmitri Muratow mit. Die Strafverfolgungsbehörden untersuchten die Substanz derzeit. "Wir können uns nicht zwischen den Etagen bewegen oder auf die Straße gehen." Die Investigativ-Zeitung "Nowaja Gaseta" zählt zu den wichtigsten unabhängigen Medien Russlands. Offenbar im Zusammenhang mit den Recherchen der Zeitung wurden bereits mehrfach Mitarbeiter getötet, darunter 2006 die Journalistin Anna Politkowskaja, die kritisch über die Kreml-Politik in Tschetschenien berichtete.

Am Wochenende war die russische Polizei sehr hart gegen eine Konferenz von Oppositionellen in der Hauptstadt vorgegangen und nahm rund 200 Teilnehmer fest. Das berichteten übereinstimmend Moskaus Innenministerium und Bürgerrechtler. Abgeführt und in Gefangenentransporter gesteckt wurden bei der Razzia die prominenten Politiker Wladimir Kara-Mursa, Ilja Jaschin, Andrej Piwowarow und Jewgeni Roisman. Es hätte die erste größere regierungskritische Veranstaltung seit den Massenprotesten für die Freilassung Nawalnys werden sollen.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

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