Nach Putins Pakt mit Erdogan Kreml ätzt gegen Trumps "Betrug" an Kurden
23.10.2019, 17:16 Uhr
Neue Kräfteverhältnisse in Nordsyrien: Die russische Fahne weht neben der syrischen.
(Foto: REUTERS)
Nach dem Schulterschluss von Putin und Erdogan rücken erste russische Militärkonvois an die türkisch-syrische Grenze vor. Während Moskau durch den Pakt seinen Einfluss in der Region massiv ausweitet, verspottet ein Kremlsprecher die USA. Sie hätten die Kurden betrogen.
Nach einer Einigung der Präsidenten Wladimir Putin und Recep Tayyip Erdogan übernehmen Russland und die Türkei gemeinsam die Kontrolle im Norden Syriens: Ein Konvoi der russischen Militärpolizei überquerte nach russischen Angaben auf dem Weg zur syrisch-türkischen Grenze den Euphrat. Nach Angaben Erdogans hat Putin der Türkei zugesagt, die kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) aus einem 30 Kilometer tiefen Gebiet entlang der Grenze zu verdrängen.
Putin und Erdogan hatten den gemeinsamen türkisch-russischen Militäreinsatz am Vortag bei einem Treffen in der Schwarzmeerstadt Sotschi ausgehandelt. Die russischen Militäreinheiten haben bei ihrem Einsatz im Norden Syriens nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau den Auftrag, den Rückzug der YPG zu "unterstützen". Die russische Militärpolizei war nach Angaben eines Sprechers der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) nicht nur am Euphrat im Einsatz, sondern patrouillierte auch in der Grenzstadt Kobane weiter westlich.
Die russisch-türkische Vereinbarung von Sotschi vertreibt die Kurden, die vor Kurzem noch ein Drittel des syrischen Staatsgebietes kontrollierten, mit ihrer Hoffnung auf eine halbautonome Region. Dies wurde maßgeblich durch den Abzug von US-Einheiten aus dem Norden Syriens mitverursacht. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow sagte, die USA hätten die Kurden "betrogen". Jahrelang seien die USA die "engsten Verbündeten" der Kurden gewesen, nun jedoch hätten sie die Kurden "fallen gelassen".
Kurden protestieren an syrisch-türkischer Grenze
In Kamischli, im östlichen Grenzabschnitt zwischen Syrien und der Türkei, protestierten Hunderte Kurden gegen die Vereinbarung von Sotschi. "Diese Vereinbarung dient den Interessen ausländischer Mächte, nicht dem Volk", sagte Talaat Jundes, der für die kurdische Verwaltung der Stadt arbeitet. "Das Ziel der Türkei ist es, zu töten und die Kurden zu beherrschen."
Der Türkei fällt laut der Vereinbarung von Sotschi die alleinige Kontrolle über ein 120 Kilometer langes Gebiet zwischen Ras al-Ain und Tal Abjad zu. Westlich und östlich dieser von der Türkei beanspruchten "Sicherheitszone" sollen die türkischen und russischen Einheiten künftig in einem zehn Kilometer tiefen Streifen gemeinsam patrouillieren. Dazu wurde der YPG eine Frist von 150 Stunden gesetzt, ihre Kämpfer und Waffen zurückzuziehen.
Das türkische Verteidigungsministerium erklärte, "zum jetzigen Zeitpunkt" sei ein "neuer" Militäreinsatz nicht nötig. Die USA hätten die Türkei zum Ende einer fünftägigen Feuerpause darüber informiert, dass sich alle Kurdenkämpfer zurückgezogen hätten. Sollten die Vereinbarungen mit den USA und Russland zum Rückzug der Kurden nicht eingehalten werden, werde die Türkei die "erforderlichen Maßnahmen" treffen, drohte Erdogan auf dem Rückflug von Sotschi.
Quelle: ntv.de, mau/AFP