Politik

"Am Machtrausch gescheitert" Koalitionsgespräche von FPÖ und ÖVP in Österreich geplatzt

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
fpö.JPG

In Österreich scheitern die Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP. Beide Parteien können sich nicht auf eine Aufteilung der Ministerien einigen. Der Alpenrepublik drohen Neuwahlen.

In Österreich sind die Koalitionsverhandlungen zwischen rechter FPÖ und konservativer ÖVP gescheitert. FPÖ-Chef Herbert Kickl informierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen über den Abbruch der Gespräche und gab den Auftrag zur Regierungsbildung zurück, wie seine Partei mitteilte. Bei einer Einigung wäre mit Kickl erstmals ein Kanzler aus den Reihen der Rechtspopulisten ins Kanzleramt eingezogen.

Obwohl die FPÖ der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sei, "waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt", hieß es in einem Schreiben Kickls an das Staatsoberhaupt. Die ÖVP machte wiederum die FPÖ für das Scheitern der Regierungsbildung verantwortlich. Dies sei "am Machtrausch und der Kompromisslosigkeit von Herbert Kickl gescheitert", erklärte ÖVP-Generalsekretär Alexander Pröll laut der österreichischen Nachrichtenagentur APA. Kickl sei in der Rolle des Oppositionspolitikers stecken geblieben und nie in der eines Regierungschefs angekommen.

Pröll wirft Kickl überdies vor, sich selbst kaum in die Regierungsverhandlungen eingebracht zu haben. Kickl habe in den fünf Verhandlungswochen "insgesamt sieben Stunden am Verhandlungstisch" gesessen, so Pröll laut ORF.

*Datenschutz

Nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche sind Neuwahlen eine mögliche Variante. Die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos hatten allerdings zuletzt massiv für einen zweiten Anlauf von Dreier-Koalitions-Gesprächen mit der ÖVP geworben, nachdem Verhandlungen dieser Mitte-Parteien im Januar gescheitert waren. Als Alternative zu Neuwahlen wäre auch die Einsetzung einer Experten- oder Übergangsregierung durch Bundespräsident Van der Bellen denkbar. Das Staatsoberhaupt kündigte am Abend an, in den kommenden Tagen mit Vertretern aller Parteien zu sprechen. Zugleich warb er eindringlich für die Wertschätzung von Kompromissen.

FPÖ könnte Zugewinne verzeichnen bei Neuwahl

Die Gespräche von FPÖ und ÖVP waren von Anfang an von Unterschieden, gerade in außen- und sicherheitspolitischen Fragen überschattet. So waren die Rechtspopulisten gegen eine weitere Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland. Obendrein ist die FPÖ extrem EU-kritisch, die ÖVP dagegen tief überzeugt von den Vorteilen der Europäischen Union. Weiterer wichtiger Streitpunkt war bis zuletzt das Innenministerium, das beide Parteien jeweils für sich reklamierten.

Insgesamt war in den rund vierwöchigen Gesprächen aber vor allem klar geworden, dass beide Parteien eine unterschiedliche Weltsicht haben. Während die ÖVP auf die enge internationale Einbindung der kleinen Alpenrepublik setzt, hatte die FPÖ immer wieder ihren Slogan von der "Festung Österreich" propagiert. ÖVP-Chef Christian Stocker hatte die FPÖ aufgefordert, angesichts der neuen Verantwortung nun von weit rechts in die politische Mitte zu rücken. Die Atmosphäre zwischen FPÖ und ÖVP wurde im Laufe der Verhandlungen immer angespannter.

Erneute Wahlen müsste die FPÖ nicht fürchten. Nach ihrem Sieg bei den Parlamentswahlen im Herbst 2024 mit knapp 29 Prozent könnten die Rechtspopulisten laut Umfragen inzwischen mit etwa 34 Prozent rechnen. ÖVP und SPÖ kämen den Demoskopen zufolge auf jeweils rund 20 Prozent, die Neos auf rund 10 Prozent, die Grünen auf etwa 8 Prozent der Stimmen. Bis zur Bildung einer neuen Regierung bleiben die bisherigen Minister aus ÖVP und Grünen im Amt.

Quelle: ntv.de, lme/dpa/AFP

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen