EU will großzügige Regelung Krisenhilfen wichtiger als Schuldenpakt
13.03.2020, 04:22 Uhr
Kommissionschefin Ursula von der Leyen will bis zu 25 Milliarden Euro aus EU-Mitteln mobilisieren.
(Foto: REUTERS)
Geschäfte dürfen nicht mehr öffnen, Kulturveranstaltungen werden abgesagt, Mitarbeiter werden nach Hause geschickt - die Corona-Krise trifft Unternehmen und Selbstständige hart. Die EU-Kommission wird den Mitgliedsstaaten wahrscheinlich grünes Licht geben für schnelle Konjunkturhilfen.
Die EU-Kommission will den Mitgliedsstaaten große finanzielle Spielräume für Hilfen in der Corona-Krise lassen. Nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur sollen Ausgaben zum Ausgleich wirtschaftlicher Folgen der Seuche bei den europäischen Schulden- und Defizitregeln außen vor bleiben. Das soll sowohl für direkte Maßnahmen zur Eindämmung der Epidemie gelten als auch für Finanzspritzen an Unternehmen und Krisenhilfen an Beschäftigte.
Die Brüsseler Behörde will ihre Vorschläge für Konjunkturhilfen an diesem Freitag präsentieren. Kommissionsvize Valdis Dombrovskis hatte bereits am Donnerstag auf Twitter angekündigt: "Wir müssen unsere Unternehmen unterstützen, vor allem kleine und mittlere Firmen und Selbstständige, die von der Krise betroffen sind."
Die Kommission will mehrere Hebel in Gang setzen, nicht nur die großzügige Auslegung der Schulden- und Defizitregeln im Stabilitäts- und Wachstumspakt. Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat schon angekündigt, mit EU-Geldern bis zu 25 Milliarden Euro an Investitionen zu mobilisieren. Darüber hinaus will die Kommission billige Kredite für Unternehmen ermöglichen. Bis zu 100.000 kleinere und mittlere Firmen könnten davon profitieren.
Die wichtigsten Hilfen für Unternehmen und Bürger würden aber wohl aus den nationalen Haushalten finanziert, erwartet die Kommission. Nach EU-Beihilferegeln dürften Staaten unter anderem Lohnzuschüsse oder Steuernachlässe gewähren, solange sie für alle Unternehmen verfügbar sind. Bürger können zum Beispiel für verfallene Tickets entschädigt werden, wenn sie das Geld nicht vom Veranstalter bekommen.
Experten erwarten zudem, dass mögliche Ausnahmen bei den Beihilfe-Regeln großzügig gewährt werden. Normalerweise überwacht die Kommission streng, dass die Mitgliedstaaten nicht mit Subventionen für einzelne Firmen den Wettbewerb verzerren. Möglich sind jedoch aus Sicht der Kommission Hilfen an Unternehmen, die wegen der Coronavirus-Krise vor der Pleite stehen oder an besonders betroffene Branchen wie Luftfahrt oder Gastgewerbe.
Ausnahmeregeln seien nach den Terroranschlägen vom September 2001 und nach der Finanzkrise 2008 bereits erprobt worden, erläuterte der Rechtsexperte Lukas Ritzenhoff von der Anwaltskanzlei Hengeler Mueller in Brüssel. "Es ist beruhigend zu sehen, dass das schon einmal funktioniert hat und nicht neu erfunden werden muss."
Quelle: ntv.de, ino/dpa