Politik

"Auf dem Weg in die Autokratie" Kritik an Erdogan reißt nicht ab

Erdogan will die Machtbefugnisse des türkischen Präsidenten erweitern.

Erdogan will die Machtbefugnisse des türkischen Präsidenten erweitern.

(Foto: REUTERS)

"Auf dem Weg in die Autokratie" oder doch eine "faschistische Diktatur"? Mit scharfer Kritik reagieren deutsche Politiker auf die politische Entwicklung in der Türkei. Doch auch Merkel wird ein Fehler vorgeworfen.

Nach der Aufhebung der Immunität zahlreicher Abgeordneter des türkischen Parlaments attestieren deutsche Politiker und Experten der Türkei eine Entwicklung hin zu einem autoritären System. Das Land sei "auf dem Weg in die Autokratie", sagte der Nahost-Experte Udo Steinbach der Hannoverschen "Neuen Presse". Präsident Recep Tayyip Erdogan wolle "die Türkei umwandeln und ein auf ihn zugeschnittenes, autokratisches Herrschaftssystem etablieren", warnte auch der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen.

Steinbach forderte Bundeskanzlerin Angela Merkel auf, Erdogan auf seine Grenzen hinzuweisen. Bei allem Entgegenkommen gegenüber der Türkei sei es wichtig, "dass es ein Ende der Fahnenstange gibt, wenn es um grundsätzliche Regeln der Demokratie geht", sagte der Wissenschaftler. Die mit der Aufhebung der Immunität verbundene Entmachtung des Parlaments dürfe Europa nicht mehr mittragen. "Es ist erstaunlich, dass so viele Parlamentarier ihr eigenes Ende beziehungsweise das Ende des Parlamentarismus in der Türkei herbeistimmen", hatte Steinbach zuvor bereits n-tv.de gesagt.

"Weg in eine faschistische Diktatur"

"Wir sehen ein Verlassen der Wertegemeinschaft Europas", sagte Röttgen mit Blick auf die Türkei. Merkel müsse dazu klare Worte finden, wenn sie in den kommenden Tagen zum UN-Gipfel für humanitäre Hilfe nach Istanbul reist. Dort ist am Montag auch ein Treffen mit Erdogan geplant. Die Kanzlerin hat bereits angekündigt, dabei das Thema anzusprechen. "Grundsätzlich erfüllt uns die zunehmende innenpolitische Polarisierung, die zunehmende Polarisierung der innenpolitischen Debatte in der Türkei, mit Sorge", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

Der FDP-Europapolitiker Alexander Graf Lambsdorff sagte der "Welt", Merkel habe die "Neigung, gegenüber Präsident Erdogan in die Knie zu gehen". Lambsdorff warf Erdogan vor, durch sein Vorgehen vor allem die Partei HDP als politische Vertretung der Kurden zerstören und politisch "enthaupten" zu wollen. Die Linken-Politikerin Sevim Dagdelen sagte im Deutschlandradio Kultur, die Türkei sei unter Erdogan "auf dem Weg in eine faschistische Diktatur".

Der FDP-Vorsitzende Christian Lindner warnte Merkel vor Zugeständnissen an die türkische Staatsführung. "Die Kanzlerin muss Erdogan die klare Botschaft überbringen, dass sein Gebaren absolut inakzeptabel ist und dass es bei Grundrechten, Pressefreiheit und Demokratie keine Rabatte geben wird", sagte Lindner in Berlin. Merkel habe "sich mit dem Flüchtlings-Deal in die Abhängigkeit von Erdogan begeben". "Statt sich auf die Europäische Union zuzubewegen, zerstört er systematisch die Demokratie in seinem Land."

Das türkische Parlament hatte am Freitag den Plan der Regierungspartei AKP zur Aufhebung der Immunität zahlreicher Abgeordneter angenommen. Die Initiative, welche die Strafverfolgung von Abgeordneten auf der Basis vorliegender Ermittlungsverfahren ermöglichen soll, richtet sich vor allem gegen die Kurdenpartei HDP.

Quelle: ntv.de, mli/AFP

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