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Grünen-Chef dämpft Erwartungen Länder fordern weitere Abschiebungen nach Kabul

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"Ich hoffe, dass es sich hierbei nicht um ein reines Strohfeuer der Bundesregierung handelt", sagte Bayerns Innenminister Joachim Hermann.

"Ich hoffe, dass es sich hierbei nicht um ein reines Strohfeuer der Bundesregierung handelt", sagte Bayerns Innenminister Joachim Hermann.

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Vor allem Unionsvertreter der Landesregierungen wollen, dass es nicht bei der ersten Abschiebung nach Afghanistan seit 2021 bleibt. Nicht nur dorthin sollte ihrer Meinung nach ausgewiesen werden - und perspektivisch nicht nur Straftäter. Gegenwind kommt von den Grünen.

Beteiligte Bundesländer haben den ersten Abschiebeflug nach Afghanistan seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren begrüßt. Vertreter der Union in den Landesregierungen in Bayern, Hessen und Baden-Württemberg verlangten von der Bundesregierung gleichzeitig weitere Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien.

Die Bundesregierung hatte am Morgen die Abschiebung von insgesamt 28 Straftätern bekannt gegeben. Es war der erste Abschiebeflug nach Afghanistan seit August 2021, als die radikalislamischen Taliban dort die Macht übernommen hatten.

"Flüchtlinge und Ausländer, die bei uns schwere Straftaten begehen, müssen unser Land verlassen", erklärte Hessens Ministerpräsident Boris Rhein. "Ich erwarte von der Bundesregierung, dass sie weitere Abschiebungen von Straftätern und Gefährdern nach Afghanistan und Syrien möglich macht", sagte der CDU-Politiker. Sein Parteifreund, der hessische Innenminister Roman Poseck erklärte, perspektivisch müssten "auch Rückführungen von ausreisepflichtigen Syrern unabhängig von Straftaten möglich werden".

"Wurde auch höchste Zeit"

"Es wurde auch höchste Zeit, dass die Bundesregierung endlich in die Gänge kommt", erklärte Bayerns Innenminister Joachim Hermann. Wegen "Bedenken insbesondere der Grünen" seien Abschiebungen nach Afghanistan lange nicht möglich gewesen, monierte der CSU-Politiker. "Ich hoffe, dass es sich hierbei nicht um ein reines Strohfeuer der Bundesregierung handelt. Es müssen nun zügig weitere Rückführungen sowohl nach Afghanistan als auch nach Syrien folgen." In Bayern gibt es Hermann zufolge mindestens noch 174 afghanische und 203 syrische Straftäter, die "rasch außer Landes gebracht werden" müssten.

Auch der baden-württembergische Migrationsstaatssekretär Siegfried Lorek von der CDU forderte, der Bund müsse weitere Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien ermöglichen. Thüringens Innenminister Georg Maier von der SPD verlangte ebenfalls: "Wir müssen die Zahl der Abschiebungen deutlich erhöhen." Das sei "Ausdruck eines handlungsfähigen Rechtsstaates".

Grünen-Chef warnt vor Legitimation der Taliban

Grünen-Chef Omid Nouripour hingegen dämpfte die Erwartungen an weitere solcher Aktionen. Abschiebungen seien so "im großen Stil nicht möglich", erklärte Nouripour. "Dafür bräuchte es eine direkte staatliche Zusammenarbeit, die mit den Steinzeit-Islamisten der Taliban nicht möglich ist", betonte Nouripour mit Blick auf die in Afghanistan herrschenden Taliban. Diese seien "zu Recht von keiner Demokratie der Welt anerkannt". Der in Leipzig gestartete Abschiebeflug dürfe "nicht zu einer Legitimation der Taliban führen".

Nouripour pochte darauf, dass auch in diesem Fall "das Handeln der Sicherheitsbehörden auf der Grundlage des Rechts erfolgen und einer Überprüfung durch Gerichte standhalten" müsse. "Es war stets klar, dass es technische Möglichkeiten geben kann, in wenigen Fällen Menschen nach Afghanistan zu fliegen. Der nun durch das Emirat Katar durchgeführte Flug ist ein solcher Weg."

Menschenrechtler zeigen sich alarmiert

Nouripour erklärte jedoch auch: "Wir haben stets gesagt, dass wir Schwerkriminelle in unserem Land nicht wollen und diese keinen Schutz genießen." Gleichzeitig genössen aber unbescholtene Menschen, insbesondere Familien und Kinder, die vor radikalen Islamisten geflohen seien, "bei uns Schutz im Rang eines Grundrechts".

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International übte scharfe Kritik an der Abschiebung nach Afghanistan. "Menschenrechte haben wir alle - und niemand darf in ein Land abgeschoben werden, wo Folter droht", sagte Julia Duchrow, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland. "Es ist alarmierend, dass sich die Bundesregierung über diese Verpflichtungen hinwegsetzt und Menschen nach Afghanistan abgeschoben hat." Auch die Menschenrechtsorganisation Pro Asyl warnte davor, dass die Abschiebung einen Schritt Richtung Normalisierung der Taliban-Regierung bedeuten könnte.

Quelle: ntv.de, chl/AFP/dpa

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