Politik

FDP sieht ein "Vollzugsproblem" Länder schieben 2017 nur zehn Gefährder ab

Behörden bezeichnen Menschen als islamistische Gefährder, wenn sie ihnen einen Anschlag zutrauen.

Behörden bezeichnen Menschen als islamistische Gefährder, wenn sie ihnen einen Anschlag zutrauen.

(Foto: picture alliance / Boris Roessle)

In Deutschland leben 745 sogenannte islamistische Gefährder. Ihnen trauen die Behörden Gewalttaten bis hin zu Terroranschlägen zu. Trotz der Gefahr, die von ihnen ausgeht, gibt es nur sehr wenige Rückführungen.

Die Innenbehörden der Länder haben seit Anfang 2017 insgesamt zehn ausländische Gefährder abgeschoben. Das geht aus der Antwort des Bundesinnenministeriums auf eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, über die die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) berichteten.

Nach Angaben von Innenstaatssekretär und CSU-Politiker Stephan Mayer gab es jeweils zwei Rückführungen aus Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen. Jeweils eine Abschiebung nahmen Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Hessen und Schleswig-Holstein vor. Neun Länder, darunter Bayern, schoben seit Anfang 2017 keine Gefährder ab.

In Nordrhein-Westfalen handelte es sich den Angaben zufolge um einen türkischen Staatsbürger, der sich der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat angeschlossen hatte. Das Land Niedersachsen wies zwei Gefährder nach Algerien und Nigeria aus. Zwei in Mecklenburg-Vorpommern wohnhafte bosnische Islamisten und Terrorverdächtige wurden nach Bosnien und Herzegowina abgeschoben.

Kuhle: Paragraph 58a konsequenter anwenden

Was ist ein Gefährder?

Nach Angaben der Bundesregierung handelt es sich bei einem Gefährder um "eine Person, zu der bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sie politisch motivierte Straftaten von erheblicher Bedeutung, insbesondere solche im Sinne des Paragrafen 100a der Strafprozessordnung (StPO), begehen wird." In dem besagten Paragrafen sind Delikte wie "Gefährdung des demokratischen Rechtstaats", "Mord und Totschlag" oder Angriffe auf die "öffentliche Ordnung" gelistet. Gesetzlich geregelt ist diese Definition aber nicht. Es sind zudem die Bundesländer und ihre Behörden, die festlegen, wer entsprechend eingestuft wird.

  Die Rückführungen basieren auf Paragraph 58a des Ausländergesetzes. Darin heißt es, die oberste Landesbehörden könnten "zur Abwehr einer besonderen Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ohne vorhergehende Ausweisung eine Abschiebungsanordnung erlassen". Das Bundesinnenministerium könne "die Übernahme der Zuständigkeit erklären, wenn ein besonderes Interesse des Bundes besteht". Kurzum: Gefährder sind Menschen, gegen die die Sicherheitsbehörden den begründeten Verdacht hegen, sie könnten zum Beispiel Terroranschläge begehen.

In einer früheren Auskunft der Bundesregierung hatte es geheißen, dass Anfang Februar 745 Menschen in Deutschland als islamistische Gefährder eingestuft wurden. Allerdings haben nicht alle Gefährder eine ausländische Staatsbürgerschaft, also ein zweites Heimatland, in das sie abgeschoben werden können. Zudem sind einige wegen ander Delikte im Gefängnis, laufen also nicht frei herum.

FDP-Innenexperte Konstantin Kuhle sagte dem RND: "Wenn der neue Bundesinnenminister Horst Seehofer die Zahl der Abschiebungen erhöhen möchte, dürfen auch die Abschiebungen islamistischer Gefährder nicht aus dem Blick geraten" Zudem bezeichnete Kuhle die Anzahl von zehn Rückführungen als gering. Die Zahl zeige, dass weiterhin ein "Vollzugsproblem" bestünde. Bezeichnend sei, dass ausgerechnet das CSU-regierte Bayern bisher gar keine solchen Gefährderabschiebung vorgenommen habe.

Kuhle forderte die Länder auf, Paragraph 58a noch konsequenter anzuwenden. Falls nötig, müssten die Behörden dazu personell und finanziell besser ausgestattet werden. "Das bringt mehr als Rufe nach einer härteren Rechtslage", sagte Kuhle.

Quelle: ntv.de, kpi/AFP/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen