Wann kommt der harte Lockdown? Länder und Bund beraten Sonntag ab 10 Uhr
11.12.2020, 20:44 Uhr
Nächtliche Ausgangssperren, längere Schulferien oder ein Alkoholverbot in der Öffentlichkeit - in mehreren Ländern kommen schärfere Regeln.
(Foto: dpa)
Mehrere Bundesländer verschärfen bereits ihre Maßnahmen. Sachsen beschließt gar einen harten Lockdown. Dieser könnte jedoch bald bundesweit gelten. Über das gemeinsame Vorgehen wollen Bund und Länder sprechen. Nun steht auch der Termin fest.
Die Ministerpräsidentinnen und - präsidenten sowie Bundeskanzlerin Angela Merkel wollen am kommenden Sonntag über neue Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie beraten. Das Treffen solle um 10 Uhr starten, erfuhr ntv.de aus Kreisen der Ministerpräsidenten. Zuletzt hatten sich die Forderungen nach einem harten Lockdown noch deutlich vor Weihnachten gemehrt. Dieser könnte sogar schon im Laufe der kommenden Woche starten. Am Sonntag geht es darum, ob es bundesweit einheitliche Regeln gibt und ab wann ein möglicher harter Lockdown gelten könnte.
Bereits an diesem Freitag kündigten Sachsen, Bremen, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein weitere Beschränkungen an. Diese gelten teilweise ab Montag und betreffen teilweise auch die Feiertage. Bremen etwa kassiert Lockerungen für die Weihnachtstage wieder.
Sachsen
Sachsen fährt das öffentliche Leben ab Montag weitgehend herunter. Das Kabinett beschloss, dass Schulen, Kitas und Horte zubleiben, ebenso zahlreiche Geschäfte im Einzelhandel. Der Lockdown soll bis zum 10. Januar dauern. In besonders betroffenen Gebieten sollen die Menschen ihre Wohnungen nachts nur noch aus triftigen Gründen verlassen dürfen. Zwischen 22 und 6 Uhr sollen "Ausgangssperren" gelten, wenn es in dem Gebiet mehr als 200 neue Corona-Fälle pro 100.000 Einwohner binnen einer Woche gibt. Zum Einkaufen und für Sport gilt ein 15-Kilometer-Radius um das eigene Wohnumfeld.
Bremen
Angesichts der hohen Corona-Fallzahlen nimmt das Bundesland Bremen seine geplanten Lockerungen für Weihnachten und Silvester zurück. Damit dürfen sich auch an den Festtagen höchstens fünf Menschen aus zwei Haushalten treffen, zuzüglich Kindern. "Wir müssen eine Überlastung unseres Gesundheitssystems verhindern", sagte Bürgermeister Andreas Bovenschulte nach einer Sondersitzung des Senats. Die Schulen sollen offen bleiben, allerdings wird ab kommenden Mittwoch bis zum 23. Dezember die Präsenzpflicht aufgehoben. Schülerinnen und Schüler können so bis zu den Weihnachtsferien zu Hause lernen.
Zudem wird der Verkauf von alkoholischen Getränken zum Mitnehmen wie etwa ein Becher Glühwein von Montag an vorerst verboten. Für den Einzelhandel zeichnet sich dem Bremer Regierungschef zufolge eine Schließung an. Dafür brauche es allerdings eine bundesweite Regelung. Wenn Geschäfte geschlossen würden, müsse es eine wirtschaftliche Entschädigung geben.
Baden-Württemberg
In Baden-Württemberg gilt ab Samstag eine Ausgangsbeschränkung. Für Ausnahmen müsse man "triftige Gründe" haben wie die Arbeit oder einen Arztbesuch, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Tagsüber dürften sich bis zu fünf Personen aus nicht mehr als zwei Haushalten treffen. Nachts ist auch das untersagt. Geöffnet bleiben sollen bis auf Weiteres Schulen, Kitas, Hochschulen und Einzelhandel.
Schleswig-Holstein
Auch in Schleswig-Holstein sollen statt zehn nur noch fünf Personen aus maximal zwei Hausständen zusammenkommen dürfen - auch an Weihnachten. Ausgenommen sei nur die engste Familie, hieß es. Schon von diesem Samstag an ist landesweit das Ausschenken und Trinken von Alkohol in der Öffentlichkeit verboten. Ab Montag soll es in dem Land für Schüler ab der 8. Klasse keinen Präsenzunterricht mehr geben.
Nordrhein-Westfalen
In Nordrhein-Westfalen endet die Präsenzpflicht am Montag ebenfalls vorerst, wie Ministerpräsident Armin Laschet mitteilte. Ab Klasse acht wird auf Distanz unterrichtet, Schüler der unteren Stufen sollen von zu Hause aus am Unterricht teilnehmen. Die Schulferien werden um zwei Tage verlängert.
Saarland
Im Saarland werden die Kontaktbeschränkungen nun doch nicht für die Weihnachtszeit gelockert. Das teilten Ministerpräsident Tobias Hans und seine Stellvertreterin Anke Rehlinger nach einer Sondersitzung des Kabinetts in Saarbrücken mit. Sie begründeten diese Entscheidung mit den stark steigenden Infektionszahlen. "Klar ist jetzt schon, dass Corona unseren Hoffnungen auf ein möglichst unbeschwertes Weihnachtsfest einen Strich durch die Rechnung gemacht hat und an einem harten Lockdown kein Weg vorbeiführt", sagte Hans. Nach der bisherigen Planung sollten sich im Saarland zwischen dem 23. und dem 27. Dezember Angehörige eines Haushaltes mit höchstens zehn weiteren Menschen aus drei weiteren Haushalten oder "dem familiären Bezugskreis" treffen dürfen, Kinder bis 14 Jahre nicht eingerechnet. Diese angekündigte Regelung wird nun aber nicht umgesetzt. Derzeit dürfen sich im Saarland Angehörige eines Haushaltes lediglich mit maximal fünf Personen aus einem weiteren Haushalt oder dem "familiären Bezugskreis" treffen, ausgenommen Kinder bis 14 Jahre.
Weitere Entscheidungen für Sonntag erwartet
Mehrere Länder hatten darauf gedrungen, Beschlüsse über eine Verschärfung der Beschränkungen rascher zu fassen als bisher vorgesehen. Grund sind die erneut dynamisch steigenden Zahlen bei den Neuinfektionen und das ebenfalls hohe Niveau der täglichen Zahl an Corona-Toten. Innenminister Horst Seehofer und Grünen-Chefin Annalena Baerbock sprechen offen über einen Lockdown, der schon ab Montag gelten solle. Zu den Treibern schneller Entscheidungen gehören auch die Ministerpräsidenten Bayerns und Nordrhein-Westfalens, Markus Söder und Armin Laschet.
Konsens ist nach Einschätzung Kretschmanns, dass es nach Weihnachten bis mindestens zum 10. Januar einen bundesweiten Lockdown geben wird. Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller, Vorsitzender der Ministerpräsidentenkonferenz, hatte zuvor schon gesagt, es zeichne sich ab, "dass ab 20. es doch erhebliche Einschnitte gibt" und der Einzelhandel "deutlich" heruntergefahren werde.
Die Länder stellen sich auf eine Schließung von Schulen ein. Beim Beschluss eines harten Lockdowns am Wochenende seien die Bildungsminister "auch bereit, unseren Teil beizutragen", sagte die Präsidentin der Kultusministerkonferenz und rheinland-pfälzische Bildungsministerin, Stefanie Hubig.
Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier stellte höhere Corona-Hilfen bei einem Lockdown in Aussicht - nämlich ab Januar einen höheren Förderhöchstbetrag bei den Überbrückungshilfen. Arbeitsminister Hubertus Heil versprach verstärkte Anstrengungen gegen Arbeitslosigkeit.
"Die Lage ist bitterernst", sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Die vom Robert Koch-Institut registrierten Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden schnellten von Donnerstag auf Freitag um über 6000 auf insgesamt 29.875 hoch. 598 Todesfälle wurden gemeldet. Beides war jeweils ein neuer Höchstwert.
Quelle: ntv.de, mli/hul/dpa