"Im Moment nicht, aber ..." Lang weicht Position zu AKW-Laufzeit auf
19.07.2022, 09:19 Uhr (aktualisiert) Artikel anhören
Grünen-Chefin Ricarda Lang will nichts mehr kategorisch ausschließen.
(Foto: IMAGO/Bernd Elmenthaler)
Die unsichere Versorgungslage mit Gas rüttelt langsam aber sicher an den Grundfesten grüner Energiepolitik: Sperrte sich die Partei lange gegen eine mögliche Verlängerung der AKW-Laufzeit, schiebt Grünen-Chefin Lang nun erstmals ein "Aber" hinterher.
In der Debatte über längere Laufzeiten der drei verbliebenen Atomkraftwerke verweist die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang darauf, dass diese bei einer Gasmangellage weniger flexibel seien als Kohlekraftwerke, um die Gasverstromung zu ersetzen. In der ARD-Sendung "Anne Will" machte sie am Sonntagabend auch auf Haftungsrisiken und die Anfälligkeit für Klagen bei längeren Laufzeiten aufmerksam. Sie komme daher zu dem Schluss, dass dies "Stand jetzt nicht der richtige Weg wäre".
Zugleich müsse man aber schauen, wie sich die Lage auf dem Strommarkt entwickele. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte am Sonntag mitgeteilt, dass in einem zweiten Stresstest die Sicherheit der Stromversorgung in Deutschland unter verschärften Bedingungen überprüft werden soll. Auf Nachfrage, ob es die Möglichkeit gebe, dass die Laufzeiten verlängert werden, sagte Lang: "Nein. Erstmal sage ich, dass wir im Moment das nicht tun werden."
Lang weiter: "Dann sage ich, dass wir in jedem Moment innerhalb dieser Krise natürlich immer auf die aktuelle Situation reagieren müssen und dabei alle Maßnahmen prüfen werden. Das haben wir in der Vergangenheit getan. Das haben wir nie kategorisch ausgeschlossen. Sondern wir haben immer aktuell geprüft, was macht in diesem Moment Sinn. Das werden wir auch weiter tun."
Ricarda Lang: Bisherige Entlastungspakete reichen nicht
Die bisherigen Entlastungspakete zur Abfederung hoher Energiepreise reichen aus Sicht der Grünen-Chefin nicht aus. Für den Herbst und Winter werde man weitere Entlastungen auf den Weg bringen müssen, sagte Lang. Auch müsse man zielgenauer werden. Die Aufgabe werde sein, zu verhindern, dass Geringverdiener in Armut rutschen. "Es geht darum, eine Armutswelle zu verhindern."
Es seien aber auch aktuell Notfallmaßnahmen erforderlich. Lang nannte hier ein Moratorium für Gas- und Stromsperren für nicht bezahlte Rechnungen sowie ein Kündigungsmoratorium für Mieter. "Wir dürfen nicht zulassen, dass Menschen jetzt oder im Herbst ihre Wohnung verlieren oder im Kalten oder Dunkeln sitzen."
(Dieser Artikel wurde am Montag, 18. Juli 2022 erstmals veröffentlicht.)
Quelle: ntv.de, jug/dpa